Das Gebäude an der Jägerstraße, in dem einst die Stuttgarter Industrie- und Handelskammer untergebracht war und das ursprünglich erhalten werden sollte, muss dem Tunnelbau für Stuttgart 21 weichen.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Mit einem 140-Tonnen-Bagger sind Abrissspezialisten am späten Mittwochvormittag der ehemaligen Zentrale der Industrie- und Handelskammer(IHK) an der Jägerstraße zu Leibe gerückt. Das Gebäude aus dem Jahr 1956 steht einem Tunnelbauwerk für Stuttgart 21 im Wege. Zwar hätte man die Röhren auch unter dem sieben Geschosse hoch aufragenden Gebäude hindurch bauen können. Doch die dafür nötigen Sicherungsmaßnahmen wären aufwendig gewesen. Schließlich lägen zwischen Tunneldecke und Kellerboden des Gebäudes gerade einmal zwei Meter Abstand. Nach zähen Verhandlung entschied sich die IHK, das Kaufangebot der Bahn anzunehmen. Gebäude und Grundstück wechselten für 7,2 Millionen Euro den Besitzer. Seit Mitte Dezember liefen die vorbereitenden Arbeiten an dem Gebäude, das bis zu einem Teilabriss im Jahr 2010, der nichts mit Stuttgart 21 zu tun hatte, Denkmalschutzstatus genoss. Damals fiel ein Anbau, um Platz für den im vergangenen Jahr eröffneten Neubau der IHK zu machen. Damit war aber das vom Architekten Hans Volkart entworfene Ensemble nicht mehr vollständig – der Denkmalschutz erlosch.

 

Als der Bagger am Mittwochvormittag zubiss, stand nur noch ein Gerippe des Bauwerks. Kein Fenster war mehr zu sehen, die Einrichtung längst verschwunden. Dafür lagern im Kellergeschoss mehrere Tonnen Kies. Die verleihen dem Abrisskandidaten Stabilität gegenüber dem an der Gebäuderückseite steil ansteigenden Weinberg.

Bis Ende März soll das Gebäude verschwunden sein

Ende März soll von dem ursprünglich als Niederlassung der Schwäbischen Treuhand AG gebauten Haus nichts mehr zu sehen sein. Die bereits jetzt erkennbare Baugrube für die S-21-Tunnel nach Feuerbach und Bad Cannstatt wird dann an der rückwärtigen Seite mehr als 20 Meter tief sein. An dieser so genannten Anschlagwand entstehen nur Tunnelstummel. Die eigentliche Arbeit an den Röhren wird durch Zugangsstollen vom Nordbahnhof und dem Pragtunnel erledigt. Vier Gleise sollen hier einmal nebeneinander unter der Erde liegen. Wenn S 21 in Betrieb ist, kann auch das Grundstück wieder bebaut werden. Einzig die Sichtachse zur Wengertstaffel, die den IHK-Weinberg durchzieht, muss frei bleiben. Bis dahin hat der Abrissbagger noch viel zu tun. Am Mittwochmorgen gab er nur den symbolischen Startschuss. Aus Rücksicht auf im IHK-Gebäude laufende Prüfungen beginnen die schweren Arbeiten erst am Donnerstagmorgen so richtig.