Wo hört eine Versammlung auf, und wo fängt eine Verhinderungsblockade an? Mit dieser Frage setzt sich das Stuttgarter Verwaltungsgericht seit Donnerstag auseinander. Zwei Stuttgart-21-Gegner haben geklagt, weil Polizisten bei einem Blockadefrühstück am Bauzaun am 25. Januar 2011 Platzverweise gegen sie ausgesprochen hatten.

Stuttgart - Wo hört eine Versammlung auf, und wo fängt eine Verhinderungsblockade an? Mit dieser Frage setzt sich das Stuttgarter Verwaltungsgericht seit Donnerstag auseinander. Zwei Stuttgart-21-Gegner haben geklagt, weil Polizisten bei einem Blockadefrühstück am Bauzaun am 25. Januar 2011 Platzverweise gegen sie ausgesprochen hatten. Die Kläger fordern, dass das Vorgehen der Polizei als rechtswidrig eingestuft werde. Sie pochen auf „das hohe Gut der Versammlungsfreiheit“.

 

Insgesamt waren an jenem Wintermorgen rund 50 Demonstranten zum Nordausgang des Bahnhof gekommen, um gegen das Bahnhofsbauprojekt zu demonstrieren. Größere Zwischenfälle gab es bei der Aktion nicht. Allerdings haben sich mehrere Projektgegner einem Baufahrzeug in den Weg gestellt, sodass dieses nicht über den Kurt-Georg-Kiesinger-Platz zur Baustelle fahren konnte. Weitere Fahrzeuge kamen deshalb ebenfalls nicht durch und mussten auf der Abbiegespur warten.

Anwältin kritisiert die Polizei

Ihre Mandanten hätten das Geschehen an dem Tag nur beobachtet und sich an keiner Blockade beteiligt, sagte die Rechtsanwältin der Kläger. Trotzdem seien sie in einer Gruppe von mehr als 30 Demonstranten von der Polizei eingekesselt worden. Sie hätten keine Möglichkeit gehabt, vorher den Platz zu verlassen. Die Polizisten hätten ihre Personalien aufgenommen und sie bis Mitternacht des Platzes verwiesen.

Selbst eine Sitzblockade als Form der Versammlung sei geschützt, betonte die Anwältin. „Man muss die Versammlung immer erst auflösen und den Leuten eine Chance geben, wegzugehen.“ Dies sei hier unterblieben, und so seien die Teilnehmer des Blockadefrühstücks pauschal kriminalisiert worden. Ihr gehe es auch um den Ruf ihrer Mandanten, die durch das Vorgehen der Polizei als „potenzielle Nötiger“ dargestellt worden seien.

Regierungspräsidium spricht von Nötigung

Die gerichtlichen Vertreter des Landes Baden-Württemberg stufen die Protestaktion nicht als Versammlung sondern als „Verhinderungsblockade“ ein und pochen aufs Polizeirecht. Hauptzweck der Demonstration sei es gewesen, die Bauarbeiten gezielt zu stören, sagte Gerhard Groß vom Regierungspräsidium Stuttgart. Die Lastwagenfahrer seien von den Demonstranten genötigt worden. „Das ist nicht von der Versammlungsfreiheit gedeckt.“ In der Tagen vor dem 25. Januar 2011 hätte sie die Erfahrung gemacht, dass Platzverweise Sinn machen. Der strafrechtliche Polizeieinsatz habe der Abwehr einer Gefahr oder Störung gedient.

Eine Entscheidung wurde am Donnerstag noch nicht verkündet. Der Tenor des Urteils soll den Verfahrensbeteiligten an diesem Freitag zugestellt werden.