Durch den StZ-Bericht über Bauverzögerungen sehen sich die Gegner bestätigt. Die Bahn will gegensteuern.

Stuttgart - Das Kommunikationsbüro von Stuttgart 21 hat am Dienstag prompt auf einen StZ-Bericht über die drohende Verspätung im Projekt wegen fehlender Planungskapazitäten bei der Leit- und Sicherungstechnik reagiert. Der Projektsprecher Wolfgang Drexler (SPD) wies die "unverantwortlichen Spekulationen vermeintlicher Experten" zurück. Er sagt, die Arbeiten würden 2012 abgeschlossen.

Tatsächlich haben die "vermeintlichen Insider" ihre angeblichen "Spekulationen" über die Probleme auf dem Gleisvorfeld, die eine Verzögerung von bis zu einem Jahr verursachen könnten, mit Unterlagen belegt. Diese machen deutlich, dass die Bahn noch keinen Abgabetermin für ihre Planung im Bereich Leit- und Sicherungstechnik eingehalten hat. Drexler formuliert das so: es könnten "sich auch schon einmal einzelne Termine für Plangenehmigungen oder Gewerke verschieben". Über das Ausmaß der Verspätung hat Drexler nichts gesagt und auch nichts zum Umstand, dass sich die mit der Ausführungsplanung betraute Firma Thales gezwungen sah, einzelne Verträge mit der Bahn zu kündigen. Alle Beteiligten müssten "möglichst schnell gegensteuern", so Drexler.

Auftrag für den Abriss der Flügel bereits vergeben


Für die Stuttgart-21-Kritiker kam die Nachricht nicht überraschend. Der Grünen-Fraktionschef im Gemeinderat, Werner Wölfle, sagte, es sei ein unhaltbarer Zustand, "wenn bereits jetzt aufgrund des Zeitdrucks auf dem Gleisvorfeld geschludert und an der Sicherheit gespart wird". Er forderte die Bahn erneut auf, keine vollendeten Tatsachen zu schaffen, bevor nicht für alle Bauabschnitte fertige Pläne vorlägen. Da der Konzern ohnehin hinter dem Zeitplan herhinke, müsse sie sich mit dem Abriss des Nordflügels am Hauptbahnhof nicht beeilen.

Die Bahn hat am Dienstag mitgeteilt, dass bereits am vergangenen Donnerstag - am Tag des Sieges im Urheberrechtsstreit gegen die Erben des Bahnhoferbauers Paul Bonatz - der Auftrag für den Abriss der beiden oberen Geschosse des Nordflügels und den Bau eines zweigeschossigen unterirdischen Technikgebäudes mit 1800 Quadratmeter Grundfläche an die Stuttgarter Baufirma Wolff & Müller vergeben worden ist. Den genauen Termin für den Abriss könne man aber nicht nennen, hieß es gestern seitens der Bahn. Bisher wurde lediglich angekündigt, es passiere im zweiten Halbjahr.

"Eines der am schlechtesten geplanten Bauprojekte"


Matthias Lieb, der Landesvorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), sieht sich bestätigt, "dass Stuttgart 21 eines der am schlechtesten geplanten Bauprojekte der deutschen Eisenbahngeschichte ist". Das Projekt werde schon vor seiner Inbetriebnahme zum Hindernis für den Verkehr in der Region und im ganzen Land. Die Planungsmängel gefährdeten auch die Ausschreibung künftiger Gewerke. Die Bahn verlange von den Auftragnehmern die Übernahme fast aller Risiken; dies bei mangelhaften Planungen zu tun, ließen sich die Bauunternehmen aber teuer bezahlen. Stuttgart 21 werde deshalb zwangsläufig teurer.