Der fürs Verkehrsressort nominierte Kollege und profilierte Stuttgart-21-Gegner Winfried Hermann (Grüne), der ebenfalls qua Amt dem von Bahn-Chef Grube geleiteten Lenkungskreis angehört, würde den Juristen daher sicherlich gern an seiner Seite sehen. Hermanns Strategie liegt auf der Hand: Er setzt darauf, dass der Bau von Stuttgart 21 deutlich teurer wird als die von Rüdiger Grube zur "Sollbruchstelle" erklärten 4,52 Milliarden Euro. Die nicht in vollem Umfang zu realisierenden prognostizierten Einsparpotenziale in Höhe von 900 Millionen Euro sowie die infolge des Stresstests notwendig werdenden Nachbesserungen sieht er als gegeben an. Laut Koalitionsvereinbarung wird das Land aber seinen Finanzierungsanteil auf keinen Fall aufstocken, und auch die Landeshauptstadt hat wiederholt bekundet, nichts mehr zuzuschießen.

 

Damit läge der Ball im Feld der Bundesregierung, die als alleiniger Anteilseigner dem mit 18 Milliarden verschuldeten Schienenkonzern einen Blankoscheck für sämtliche Mehrkosten während der auf zehn Jahre geschätzten Bauzeit ausstellen müsste. Obwohl in der Berliner CDU-FDP-Koalition die Neigung durchaus ausgeprägt sein dürfte, Grün-Rot auf diese Weise die Grenzen aufzuzeigen, würde dies Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) in arge Erklärungsnöte bringen. Schließlich gibt es genügend andere Bundesländer, deren Bedarf an Bundeszuschüssen für ihre Verkehrsinfrastruktur aus Ramsauers Etat nicht gedeckt werden kann. Die Ausgangslage für den Lenkungskreis ähnelt jedenfalls einem Mikado: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren. Vor diesem Hintergrund ist eine schnelle Grundsatzentscheidung kaum zu erwarten.