Mindestens zwei Jahre später als ursprünglich geplant wird das Bahnprojekt Stuttgart 21 vollständig in Betrieb gehen. Für den Gäubahnabschnitt wird das Genehmigungsverfahren neu aufgerollt.

Leinfelden-Echterdingen - Nach dem Stuttgart-21-Kompromiss im Frühjahr plant die Bahn auf den Fildern zweigleisig – und mit unterschiedlichen Zeitplänen. Das bisher unter der Ordnungsnummer 1.3 geführte Genehmigungsverfahren wird gesplittet. Der Fernbahnhof am Manfred-Rommel-Flughafen und der Filderabschnitt der Neubaustrecke Stuttgart–Ulm sollen wie beabsichtigt Ende 2021 in Betrieb gehen. Die Züge der Gäubahn werden hingegen frühestens zum Fahrplanwechsel im Dezember 2023 am Flughafen ankommen. Diese Eckdaten nannte der für diesen Stuttgart-21-Abschnitt zuständige Projektleiter Christophe Jacobi am Montagabend bei einer Sitzung der interkommunal besetzten Arbeitsgruppe Stuttgart 21 im Filderbereich in Leinfelden-Echterdingen.

 

Die Bahn hat, wie bereits berichtet, Stuttgart 21 auf den Fildern in zwei Abschnitte getrennt. Intern ist nun von folgender Zuordnung die Rede: Mit 1.3a bezeichnet die Bahn jetzt den Teil, der mit der Neubaustrecke zusammenhängt. 1.3b steht hingegen für den Komplex zwischen der Rohrer Kurve und der umzubauenden S-Bahn-Station unter dem Flughafen.

Der Bau in zwei Planungsabschnitte unterteilt. Klicken Sie auf die Grafik für eine größere Ansicht

Bahn will Inbetriebnahmedatum für Neubaustrecke halten

Bei 1.3a hat es die Bahn eilig, von den Behörden die Baugenehmigung zu erhalten. Diese benötigt man deshalb so schnell wie möglich, damit sich die angekündigte Inbetriebnahme der Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Ulm nicht über 2021 hinaus verzögert. „Wir haben die überarbeiteten Pläne in 19 Ordnern am 2. Juni dem Eisenbahnbundesamt übergeben“, überraschte der Abschnittsleiter das Gremium mit dem bislang nicht kommunizierten Vorgang.

Diese Pläne unterscheiden sich laut Jacobi „nur in Details“ von denen, die bereits im vergangenen Herbst öffentlich erörtert wurden. Deshalb rechne er damit, dass das Stuttgarter Regierungspräsidium, das weiterhin im Auftrag des Eisenbahnbundesamts (Eba) vor Ort die Verfahren durchführen wird, nun das Prozedere abkürzt. „Wir meinen, dass ein schriftliches Anhörungsverfahren in diesem Fall genügt“, sagte Jacobi. Darin wären nur die betroffenen Kommunen und Behörden eingebunden, nicht aber die Bürger.

Die zwischen den Projektpartnern im Frühjahr vereinbarten Änderungen an der Rohrer Kurve und in der Station Terminal am Flughafen sind hingegen so gravierend, dass die Bahn mittlerweile von einer zweijährigen Verzögerung beim Anschluss der Gäubahn an Stuttgart 21 ausgeht. Nach den Verhandlungen zwischen den Projektpartnern war die Verspätung noch vage auf „ein bis zwei Jahre“ beziffert worden. Während der Übergangszeit sollen laut Jacobi von Ende 20121 an die Fern- und Regionalzüge in Böblingen oder Vaihingen enden.

Gäubahnstrecke frühestens ab Ende 2023 befahrbar

Der am Montag von der Bahn erstmals öffentlich genannte neue Zeitplan sieht für den 80 Millionen Euro teuren Abschnitt 1.3b auf den Fildern ein neues Genehmigungsverfahren vor. Diesen Antrag will die Bahn im ersten Quartal 2016 beim Eba einreichen. Eine öffentliche Auslegung der Pläne in den betroffenen Kommunen hat die Bahn für das dritte Quartal 2016 eingeplant. Ein Jahr später rechnet sie mit dem Planfeststellungsbeschluss durch das Eba. Im Herbst 2018 will sie die Arbeiten am kreuzungsfreien Umbau der Rohrer Kurve, an größeren Gleisabständen zwischen Leinfelden und Flughafen sowie dem Umbau der S-Bahn-Station unter dem Terminal 1 aufnehmen. Als frühestmöglichen Termin für die Inbetriebnahme dieser Strecke nannte Jacobi am Montag den Fahrplanwechsel „Ende 2023“.

Der Umbau des bisherigen S-Bahnhofs am Flughafen gilt unter Experten als der diffizilste Teil im Bereich 1.3b. Die Station erhält wie berichtet ein drittes Gleis und einen neuen Bahnsteig für die aus dem Süden des Landes ankommenden Fern- und Regionalzüge. Auf diese Lösung hatten sich die Projektpartner im Frühjahr verständigt, nachdem ein Verkehrswissenschaftler im Auftrag der Stadt Leinfelden-Echterdingen den vorliegenden Plänen Mängel bei der Leistungsfähigkeit attestiert hatte.

Für die Große Kreisstadt ergeben sich durch die Neuplanung offenbar weitere Vorteile. Jacobi sagte, dass die Bahn zumindest in Teilen von L.-E. deshalb den sogenannten Schienenbonus nicht mehr anwenden könne und daher nun „aktiven und passiven Schallschutz anwenden muss“. Die Erste Bürgermeisterin der Stadt, Eva Noller, bezeichnete dies in einer ersten Reaktion als „sehr erfreuliche Nachricht“.