Der Tiergarten Nürnberg will Nistplätze für Eisvögel schaffen und baut auf Erde von Stuttgart-21-Baustellen. Der Lößboden von den Fildern soll den anspruchsvollen Tiere ein neues Zuhause bieten.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Die Krume der Filder ist ein kostbares Gut. Landwirte und Bewohner der Hochebene südlich von Stuttgart haben ein besonders waches Auge darauf, was mit ihrer Scholle so getrieben wird. Der Kampf gegen als überzogen betrachtetes Wachstum des Flughafens und der schlussendlich erfolglose Widerstand gegen die Messeansiedlung seien stellvertretend genannt. Nun fräsen sich die Gleistrassen von Stuttgart 21 durch die „fruchtbarsten Böden der Republik“, die dort von Natur- und Landschaftsschützern verortet werden. 200 Kubikmeter davon wurden nun mit sechs Lastwagen gen Osten geschafft.

 

Bis zu zwei Meter hohe Wand für Eisvögel

Die Fuhre mit Fildererde, die auf einer Stuttgart-21-Baustelle abgegraben wurde, landete aber nicht in einem stillgelegten Steinbruch sondern soll für neues Leben sorgen. Empfänger der Lastwagenfracht ist der Tiergarten Nürnberg. Im Zoo der fränkischen Metropole soll der Lößboden von den Fildern zu einer bis zu zwei Meter hohen Wand aufgeschichtet werden. „Wir wollen daraus eine Eisvogelwand bauen“, sagt Dag Encke, der Direktor des Tiergartens auf Anfrage. Der Zoo gehört zu einem Vogelschutzgebiet.

Die Vögel mit dem charakteristischen bläulichen Federkleid brüten in Höhlen. Dafür graben sie in eine Wand einen Tunnel, an dessen Ende sie einen Brutkessel anlegen. „Und der sollte von unten durchfeuchtet sein“, erklärt Encke. Der Lößboden von den Fildern soll die gewünschte Kellerfeuchte befördern, das Wasser eines nahegelegenen Weihers dank Kapillarkräften zur Bruthöhle aufsteigen. Außerdem wünscht es sich der Eisvogel, anders als es sein Name vermuten lassen würde, angenehm warm. „Die Wand wird so angelegt, dass sie Südsonne bekommt“, erklärt Encke, der einräumt „wir treiben da schon einen relativ hohen Aufwand“. Dass der Weg zur Baustelle der Eisvogelwand durchs Gehege der Kaffernbüffel führt, macht die Sache nicht trivialer.

Ob das Experiment gelingt ist unklar

Ob der ganze Aufwand auch von den Eisvögeln honoriert wird, steht freilich noch in den Sternen. In einem Tierpark auf der Kanalinsel Jersey sei der Versuch, dem Federvieh beim Wohnungsbau auf ähnliche Weise auf die Sprünge zu helfen, fehlgeschlagen, berichtet Encke. Die Tiere zeigten sich flatterhaft und der angebotenen Wand die kalte Schulter.

Der Zoochef aus Franken hat den überschüssigen Lößboden im Internet ausfindig gemacht, wo ihn die Bahn angeboten hat. Er ist voll des Lobes für die Kooperationsbereitschaft der Eisenbahnbauer von den Fildern. Der zuständige Geologe habe wertvolle Tipps zur Handhabung des Bodens gegeben, erzählt Encke. Sein Zoo übernimmt die Organisation der Transporte. Die Zeit dafür läuft ab. Nur noch ein Jahr lang falle der gesuchte Aushub an. Und dann entscheidet alleine das fränkische Federvieh, ob ihm der Filderboden recht ist.