Alle Hoffnungen auf Kultur im Bonatz-Bau waren verfrüht. Dem Publikum wird der sanierte Bahnhof sich präsentieren wie gewohnt. Auf dem Dach soll ein Hotel entstehen.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

S-Mitte - Die Ideen waren vielfältig, die Vorstellungen glichen Visionen. Etwa die der Kulturbürgermeisterin: Die Nutzung des Bahnhofs müsse künftig „in die Stadt hineinwirken“, sagte Susanne Eisenmann im vergangenen Jahr. Ein Bonatz-Bau, in dem Konzerte gespielt, Kongresse abgehalten, Ausstellungen gezeigt werden, schwebte ihr vor. Nicht nur ihr.

 

Das tatsächliche Konzept der Bahn wirkt vergleichsweise schnöde: Im neuen Bahnhof bleibt zumindest fürs Laufpublikum alles beim Alten: Läden, Gastronomie, Schalter und bunte Reklametafeln werden das Bild im Inneren bestimmen. „Wir machen eigentlich nichts anderes, als den Bahnhof zu sanieren und die heutige Nutzung wieder reinzusetzen“, sagte Oliver Hasenkamp im Bezirksbeirat. Er leitet das Projekt für die Bahntochter DB Station und Service.

Eine Vielzahl von Schwierigkeiten verteuert den Umbau

Auf rund 100 Millionen Euro sind die Kosten für den Umbau kalkuliert. Die Höhe der Summe ist einer Vielzahl von Schwierigkeiten geschuldet. Der Bau steht unter Denkmalschutz. Im Grunde wird von ihm trotzdem nicht mehr bleiben als eine Hülle, eine Fassade vor den eigentlichen Wänden. Von einem „Haus-im-Haus-Prinzip“ spricht die städtische Planerin Carolin zur Brügge. Diese Hülle ist laut Hasenkamp zudem in einem Zustand nahe der Baufälligkeit. Probebohrungen in der Fassade hätten ergeben, „dass sie den Fugensand mit den Fingern herausziehen können“. Sogar die Statik des Rumpfbaus ist fragwürdig. Sowohl der Brand-, als auch der Erdbebenschutz müssen verbessert und eine Rückwand zu den heutigen Gleisen hin muss eingezogen werden.

Die eigentlichen architektonischen Neuerungen werden von außen unsichtbar sein, jedenfalls weitgehend. Die Technik, Belieferung und Entsorgung werden in einem unterirdischen Neubau untergebracht. Bisher ist ihr Platz gleichsam im Keller unterhalb der Hauptebene des Bahnhofes. Auf das Dach des Bonatz-Baus will die Bahn ein neues Geschoss setzen, in dem ein Hotel mit 147 Zimmern Gäste beherbergen soll. Die Außenwände des neuen Geschosses sind so weit zurückversetzt, dass sie für Fußgänger im näheren Umkreis weitgehend unsichtbar bleiben. Aus der Halbhöhe, schon vom benachbarten Kernerviertel aus, wird der neue Aufbau hingegen das Bild des denkmalgeschützten Bahnhofes deutlich verändern.

Von „einem Bahnhof mit Hotelkrönchen“ sprach die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle. Der Sozialdemokrat Heinrich Huth fragte nach „dem Konzept, das in die Öffentlichkeit wirkt“. Der Beirat insgesamt fordert von den Planern eine Computersimulation, mit der die künftige Ansicht aus höheren Lagen verdeutlicht wird.

Trotz neuen Stockwerks bleibt die Fläche unverändert

Weil das seitherige Technikgeschoss zum künftigen Erdgeschoss des Bahnhofs wird, gewinnt der Bau im Inneren ein weiteres Stockwerk hinzu. Das heutige Hauptgeschoss wird zur ersten Etage. Weswegen allen voran der Tourismus-Chef Armin Dellnitz schwärmte: „Dieser Ort ist historisch, er ist groß, er liegt zentral und er bietet die Chance, etwas zu gestalten“, sagte er im vergangenen Frühjahr und hoffte gar auf neuen Raum für Großveranstaltungen.

Tatsächlich „schaffen wir keine neuen Flächen“, sagte Hasenkamp, jedenfalls keine für neue Nutzungen. Die Polizei wird im neuen alten Bahnhof ebenso wieder ihren Platz haben wie die Bahnhofsmission oder – selbstverständlich – die Reihen von Schließfächern und die Läden für den sogenannten Reisendenbedarf. Dass die Quadratmeterzahl trotz neuem Stockwerk nahezu unverändert bleibt, liegt im Wesentlichen am Beleuchtungskonzept. Im Boden der ersten Etage sind „zusätzliche Lichtflächen, um die untere Ebene zu beleuchten“, sagte zur Brügge.

Leitlinie für die künftige Nutzung ist die Kostenrechnung. Aus unternehmerischer Sicht ist die Investition trotz der Einnahmen aus Handel, Gastronomie und Hotellerie verloren. „Den Ausgaben stehen nur ganz geringe Einnahmen gegenüber“, sagte Hasenkamp, „der Bahnhof wird hoch defizitär sein“.