Im Planfeststellungsantrag für Stuttgart 21 auf den Fildern stoßen die Stadt L.-E. und ihre zu Rate gezogenen Experten auf zahlreiche Ungereimtheiten.

Leinfelden-Echterdingen - Die Stadt Leinfelden-Echterdingen wird in ihrer Stellungnahme zum Planfeststellungsverfahren für den Stuttgart-21-Streckenabschnitt zwischen Rohr und Flughafen den von der Bahn geplanten Mischverkehr von S-Bahn, Regionalverkehrs- und Fernverkehrszügen ablehnen. Sie befürchtet, wie bereits 2012 im Filderdialog dargestellt, erhebliche nachteilige Auswirkungen im S-Bahn-Verkehr. Dies macht die Kommune unter anderem in einer fünfseitigen Zusammenfassung ihrer geplanten Stellungnahme deutlich, über die am Montagabend der Gemeinderat und der Arbeitskreis S 21 in einer gemeinsamen Sitzung beraten haben.

 

Die Gremien stützen sich dabei auf Erkenntnisse, welche die von der Großen Kreisstadt hinzugezogenen Berater bei der Auswertung der Planfeststellungsunterlagen gewonnen haben. Demzufolge sind unter anderem „erhebliche negative Auswirkungen auf Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der S-Bahn zu erwarten“, heißt es in dem Papier, das ohne nennenswerte Änderungen für die weiteren Beratungen freigegeben wurde. Die Stadt sieht durch den geplanten Mischverkehr auf ihre Bürger entlang der Bahnstrecke auch zusätzliche Belastungen durch Schienenverkehrslärm, Erschütterungen und so genannten sekundären Luftschall zukommen.

Störungen bei der S-Bahn programmiert

Moniert wurde von den städtischen Beratern, dass die Unterlagen der Bahn beispielsweise zum geplanten Betrieb auf der Strecke unvollständig und teilweise widersprüchlich seien. Der Wissenschaftler Uwe Steinborn vom Institut für Bahnsysteme und Öffentlichen Verkehr der Technischen Universität Dresden verwies auf unterschiedliche Angaben zu den Zahlen der verschiedenen Zugarten. Er machte auch deutlich, dass Störungen des S-Bahn-Betriebs programmiert seien.

Verantwortlich dafür sind aus Steinborns Sicht die geplante Form der Rohrer Kurve mit niveaugleichen Überleitungen und die Station Terminal (heutige S-Bahn-Station) unter dem Flughafen. Dort soll künftig für die S-Bahn nur noch ein Gleis zur Verfügung stehen. Am zweiten würde nach einem Umbau der Regional- und Fernverkehr abgewickelt. Steinborn bezeichnete die Station als „Engpass“. Die Stadt sieht dadurch auch den bereits nach Neuhausen geplanten Ausbau und damit die Zukunftsfähigkeit der S-Bahn gefährdet. Die Stadt macht deshalb deutlich, dass der von den Projektpartnern aus finanziellen Gründen bereits verworfene Filderbahnhof plus unter der Flughafenstraße gegenüber der Antragsvariante die „eindeutig bessere Lösung“ darstellt.

Forderung nach Lärmmanagement

Unvollständig und fehlerhaft ist aus Sicht der Stadt die von der Bahn im Planfeststellungsantrag vorgelegte Untersuchung zum Lärmschutz entlang der Strecke. Lücken bemängelt sie auch in der Untersuchung zum Baulärm. Gefordert wird ein Bauzeitenplan und ein Lärmmanagement für die Bauphase. Damit soll sichergestellt werden, dass alle Grenzwerte, insbesondere in den Nachtstunden, eingehalten werden. Beim künftigen Betrieb geht die Bahn davon aus, dass die Veränderung des Gleisabstands keine wesentliche Änderung an der Strecke darstellt und daher kein Anspruch auf Lärmschutz besteht. Das sieht die Stadt anders. Ihr Experte Michael Koch hat für verschiedene Bereiche in Oberaichen und in der Leinfeldener Ortsmitte „deutliche Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte“ ermittelt.

Der Experte der Stadt für Erschütterungsschutz und sekundären Luftschall, Christian Angerer vom Büro Accon, kritisierte, dass die Planfeststellungsunterlagen keine aussagekräftigen Untersuchungen zur Erschütterungsthematik enthalten. Laut Angerer werden aber Regional- und Fernzüge wegen ihres höheren Gewichts auch „höhere dynamische Energie in den Boden einbringen“ und dadurch die Erschütterungssituation zum Negativen verändern. Die von der Stadt gemeinsam mit der Bahn und dem Land finanzierte Studie zur Erschütterungssituation ist offenbar nicht hilfreich. Angerer spricht von „etwas seltsamen Ergebnissen“. Der Gutachter habe offenbar „einen Mechanismus implementiert, der extrem niedrige Werte liefert“.

Feuerwehr „am Ende der Belastung“

Die Freiwillige Feuerwehr sieht sich überdies nicht in der Lage, die Sicherheit in künftig zwei unterirdischen Bahnhöfen am Flughafen zu gewährleisten. „Wir sind von der Belastung her bereits am Ende“, sagte der stellvertretende Kreisbrandmeister Werner Kuttler und regte die Übertragung der Aufgaben an eine Werksfeuerwehr an. Für die Bauzeit will die Stadt erreichen, dass Baustellenverkehr nicht durch Wohngebiete abgewickelt wird.