Der Verwaltungsgerichtshof hat sich zum ersten Mal mit einem Bürgerbegehren gegen das Großprojekt Stuttgart 21 befasst. Ein Urteil wird in zwei Wochen erwartet. Schon jetzt scheint klar, dass der Fall bis vor das Bundesverwaltungsgericht geht.

Stuttgart - Zum ersten Mal hat sich am Dienstag der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim in einer mündlichen Verhandlung mit einem Bürgerbegehren zu Stuttgart 21 befasst, das den Ausstieg der Stadt aus dem Milliardenprojekt fordert. Ein Urteil der höchsten Verwaltungsrichter Baden-Württembergs wird in 14 Tagen erwartet. Doch steht wohl schon jetzt fest, dass die juristische Auseinandersetzung weitergehen wird. Der Verwaltungsgerichtshof wird nämlich die Revision beim Bundesverwaltungsgericht zulassen. Zumindest die Klägerseite wird dies nutzen.

 

In dem Verfahren geht es letztlich um die Frage, ob sich die Beteiligung der Stadt an der Mischfinanzierung des Projekts, in die auch Bahn, Bund, Land und Region einzahlen, verfassungsgemäß ist und, wenn ja, ob der finanzielle Anteil Stuttgarts angemessen ist. Ziel des Bürgerbegehrens ist aber allein die städtische Beteiligung, über deren Aufkündigung in einem Bürgerentscheid entschieden werden sollte.

Senat hält finanzielle Beteiligung der Stadt für denkbar

In der mündlichen Verhandlung deutete der VGH-Präsident und Vorsitzende des Ersten Senats, Volker Ellenberger, an, dass sich die Stadt grundsätzlich an dem Projekt beteiligen könne, weil damit auch kommunale Aufgaben – etwa im Städtebau – erfüllt würden. Ob die Höhe der Mitfinanzierung angemessen ist – in dieser Frage ließ der Senat noch keine Tendenz erkennen. Es wies aber Beweisanträge der Kläger ab, in denen gefordert wurde, dass Sachverständige und der frühere Bahn-Projektleiter Hany Azer dazu Stellung nehmen.

In einem Bürgerbegehren, das 2011 von 35 600 Menschen unterzeichnet worden war, hatten Projektgegner verlangt, dass die Stadt Stuttgart aus der Finanzierung von Stuttgart 21 aussteigen solle, weil diese Art der Mischfinanzierung verfassungswidrig sei. Die Stadt hatte das Bürgerbegehren nicht zugelassen, worauf die Initiatoren vor dem Verwaltungsgericht klagten, das im Juli 2013 diese Klage abwies: Die pauschale Mitfinanzierung rechtfertige keinen Bürgerentscheid, da er ein rechtswidriges Ziel habe, die Kündigung des Finanzierungsvertrags. Zudem verbiete das so genannte Konnexitätsprinzip des Artikels 104a nicht, dass Bund, Länder und Gemeinden bei Infrastrukturprojekten zusammenarbeiteten und eine Kostenaufteilung vereinbarten, die sich nach dem Anteil ihrer Aufgabenwahrnehmung ergebe. Die Vertrauensleute des Bürgerbegehrens, darunter die Filmemacherin Sigrid Klausmann-Sittler, zogen daraufhin vor die nächste Instanz, den VGH.