Die evangelische Gemeinde hat am 6. März 1966 – vor 50 Jahren – die Stephanuskirche an der Galileistraße in Stuttgart-Dürrlewang eingeweiht.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Dürrlewang - Es hat etwa Sagenhaftes, etwas Urchristliches. Aber es ist wirklich wahr“, sagt die Pfarrerin Heike Meder-Matthis. Die evangelische Gemeinde Dürrlewang feierte ihre ersten Gottesdienste unter zwei Birnbäumen auf einer Wiese. Diese befand sich dort, wo heute die Stephanuskirche steht. Von Anfang an mit dabei war der Posaunenchor Rohr, denn eine Orgel für die musikalische Begleitung konnte es noch gar nicht geben. Ebenso wenig wie einen Kirchturm mit Glocken. Statt zu läuten, rief der Pfarrer darum mit einer Trompete zum Gottesdienst. Das war in den späten 50er Jahren, als südlich von Vaihingen und östlich von Rohr die neue Siedlung entstand. Viele Flüchtlinge suchten dort ihr Glück. Einige kamen aus Stuttgart; ihre Häuser waren dort im Zweiten Weltkrieg ausgebombt worden. Viele kamen aber auch aus dem damaligen Ostpreußen und von der Balkanhalbinsel.

 

Später traf sich die Gemeinde in einem Kellerraum in einem der Wohnblöcke. Zwischenzeitlich diente ein ehemaliger Schuhladen als „Kirche“. Denn die Verantwortlichen in der Gemeinde dachten pragmatisch. Sie ließen zuerst die dringend benötigten Kindergärten, Jugendräume und den Gemeindesaal bauen, ehe sie sich an den Bau der Kirche heranwagten. So kam es, dass die Gemeinde ihre Stephanuskirche erst am 6. März 1966 weihte. Das möchte die Gemeinde am Sonntag feiern, genau 50 Jahre später. Der Festgottesdienst beginnt um 10 Uhr. Es kommen Menschen zu Wort, die eine besondere Verbindung zu ihrer Kirche an der Galileistraße haben.

Benannt nach dem Heiligen Stephanus

Benannt ist sie nach dem Heiligen Stephanus. Er gilt als der erste Märtyrer, denn er ist der Erste, von dem überliefert wird, dass er wegen seines Bekenntnisses zu Jesus Christus getötet worden sei. Manche Gemeindemitglieder sind der Meinung, dass sich das von Bernhard Huber geschaffene Kunstwerk neben dem Altar auf den heiligen Stephanus bezieht. „Der Künstler selbst hat sich aber nie dazu geäußert“, sagt Meder-Matthis. So sei es jedem Kirchenbesucher überlassen, dass Gemälde zu interpretieren.

Die Kirche selbst wurde von dem Rohrer Architekten Wolf Irion gebaut. Er machte auch die Pläne für die Dreieinigkeitskirche in Vaihingen, die Versöhnungskirche in Büsnau und die Christuskirche in Korntal. Letztere ist Meder-Matthis’ Heimatgemeinde. Der Kirchenraum erinnert an ein Zelt. Ein Symbol dafür, wie Gott mit seiner Gemeinde immer weiterzieht. Von außen wirkt das Gotteshaus wie ein Bergkristall. Zumindest soll es der Architekt einst so formuliert haben. „Vielleicht wegen des Kupferdachs, das in der Sonne funkelt“, mutmaßt die Pfarrerin. Durch die große Glasfront fällt immer viel Licht auf den Altar und die Kirchenbänke. Die Gemeinde ließ den Innenraum in den 1990er Jahren neu gestalten. Statt dunklem Palisanderholz geben seitdem helle Farben den Ton an. „Das war damals sehr mutig“, sagt die Pfarrerin. Sie selbst findet den weißen Kirchenraum „zeitlos schön“. Der Kirchturm steht als hoher Solitär neben der Kirche, so wie es in den 60er Jahren üblich war.

Die Kirche als Versammlungsort

Seit gut einem halben Jahr ist die Gemeinde intensiv mit den Vorbereitungen für das Jubiläum befasst. „So ein Fest ist ein guter Anlass, um mit vielen Menschen ins Gespräch zu kommen, um sich auf die Anfänge zu besinnen und zu überlegen, wo wir heute stehen“, sagt Meder-Matthis.

Als die ersten Siedler nach Dürrlewang kamen, diente die Kirche als Versammlungsort. „Sie stärkte das Zusammengehörigkeitsgefühl“, sagt Meder-Matthis. Bis heute sei das eine wichtige Aufgabe. Die Gemeinden Dürrlewang und Rohr, die vor drei Jahren fusioniert haben, wachsen weiter zusammen. Seit einigen Monaten leben viele Flüchtlinge in den beiden Stadtteilen. Der Freundeskreis, in dem sich auch viele Gemeindemitglieder engagieren, heißt sie willkommen. An der Herschelstraße entsteht in unmittelbarer Nachbarschaft zur Stephanuskirche ein muslimischer Gebetsraum. Dieses Neben- und Miteinander in einer guten Nachbarschaft zu gestalten, das sei die Herausforderung für die Zukunft; davon ist die Pfarrerin überzeugt.