Der akademische Segelverein Stuttgart ist stolz darauf, beim Fastnet Race gemeinsam mit den Spitzen des Segelsports an den Start zu dürfen. Die berühmte Segelregatta für Yachten im Ärmelkanal und in der Keltischen See startet am 12. August.

Stuttgart/Cuxhaven - Fastnet Race – der Begriff lässt in Seglerkreisen den Puls höher schlagen. Und auch bei der Akademischen Seglervereinigung Stuttgart (ASVS) gibt es seit Wochen kaum ein anderes Gesprächsthema. Kein Wunder: Erstmals wird ein Boot des ASVS an dieser weltberühmten Segelregatta für Hochseeyachten beteiligt sein. „Es ist das Größte für jeden von uns“, sagt Wolfgang Giermann. Er ist Erster Vorsitzender des ASVS und wird zur neunköpfigen Besatzung gehören, die dieses Abenteuer ab 12. August auf sich nimmt.

 

Hohe Anforderungen

Die Vorbereitungen kommen auf die Zielgerade. An Pfingsten waren die Stuttgarter mit ihrem hochseetauglichen Vereinsschiff Odysseus bei der Nordseewoche ab Cuxhaven am Start, nun schließt sich die Langstreckenwettfahrt über 400 Seemeilen von Helgoland nach Edinburgh an, um die Arbeitsabläufe im Team immer weiter zu harmonisieren. Im April war fast jedes Wochenende ein Arbeitstrupp in den Norden gefahren, um die seit 1992 in Vereinsbesitz befindliche Odysseus in ihrer Werft bei Kiel auf die bevorstehenden Ereignisse zu trimmen.

Es ist keineswegs so, dass man sich für das Fastnet Race einfach so anmelden kann. Vor einer Aufnahme in das auf 200 Boote begrenzte Teilnehmerfeld stehen hohe Hürden. Da ist zunächst eine rund 250 Punkte umfassende Checkliste, die jedes Boot erfüllen muss, um überhaupt eine technische Zulassung zu erhalten. „Da werden schon sehr hohe Anforderungen gestellt, weil nach den Vorkommnissen 1979 die Sicherheitsbestimmungen deutlich hochgeschraubt wurden, was aber auch vernünftig ist“, spielt Armin Kammer, als Skipper der Hauptverantwortliche an Bord, auf die Tragödie vor 38 Jahren an. Damals gerieten die Fastnet-Race-Teilnehmer vor der Südwestküste Irlands in einen spät vorhergesagten Orkan, 75 Yachten kenterten und 19 Segler wurden in den Tod gerissen. Es ist bis heute die größte Katastrophe des Yachtsports.

Auf der Entry-List für das Fastnet Race 2017

Die Anziehungskraft des alle zwei Jahre stattfindenden Rennens im Ärmelkanal und in der Keltischen See ist trotzdem unverändert groß. „Da herrscht weltweites Interesse, in das Teilnehmerfeld aufgenommen zu werden“, weiß ASVS-Sprecher Jochen Salvasohn. Nachdem der Verein im vorigen Herbst die technische Zulassung für die 17 Tonnen schwere und 15 Meter lange Odysseus erhalten hatte, war die Spannung im Januar groß. Am entscheidenden Abend saßen viele im ASVS-Clubhaus am Max-Eyth-See zusammen, um via Internet die Entscheidung des englischen Royal Ocean Racing Clubs als Rennorganisator mitzuverfolgen. „Als wir dann unseren Namen in der Entry-List für das Fastnet Race 2017 entdeckt haben“, so Salvasohn, „war der Jubel riesig.“

Das fassen die Stuttgarter auch Monate danach noch als Sensation auf. „Da sind viele Profis am Start, die größten Namen des Segelsports – und wir“, schüttelt Armin Kammer ungläubig den Kopf und tischt nebenbei einen launigen Vergleich auf: „Es ist, als ob wir mit einem gut getunten Kombi bei einem Formel-1-Rennen mitfahren dürfen.“ Die Odysseus habe „null Chance“, um den Sieg mitzufahren, ahnt Jochen Salvasohn. Bereits ein Mittelfeldplatz wäre für die ASVS eine tolle Sache, ansonsten gelte der olympische Gedanke: Dabei sein ist alles.

Eine interne Ausschreibung, wer denn zu den neun Auserwählten gehören darf, hat es nicht gegeben. Der Kreis der potenziellen Teilnehmer reduzierte sich in dem 270 Mitglieder umfassenden Verein von ganz alleine. Die nötige Großschiffs- und Regattaerfahrung hat nicht jeder. Und wer kann schon bis zu vier Wochen Urlaub für Vorbereitung, Training und Rennen aufbringen? Ähnliches gilt für die Kostenfrage, weil jeder sein Hobby auch persönlich finanzieren muss. „Und man muss es auch wirklich wollen. Denn vor allem ist die Regatta sehr anstrengend, da leidet man auch“, weiß Wolfgang Giermann. Zwischen vier und fünf Tagen, je nach Seegang, Wind- und Wetterlage, dauert es, bis die 608 Seemeilen lange Strecke zwischen Südengland und Irland mit Zielhafen Plymouth zurückgelegt ist. „Da gibt es keinen Resetknopf und keine Ausstiegsmöglichkeit, wenn man einmal unterwegs ist“, sagt Vordecksmann Matthias Läpple über die „extrem hohe physische und psychische 24-Stunden-Belastung“. Und doch brennt jeder darauf, beim Fastnet Race dabei zu sein.

Man muss es wollen