Kultur: Stefan Kister (kir)
Was interessiert Sie an Naturkunde?
Wir erleben gerade eine Renaissance der Natur, selbst eingefleischte Städter entdecken den Naherholungswert, wecken Marmelade ein und träumen von einem Garten. Aber das ist eine biedermeierliche Natur. Mich fasziniert, dass sich Natur eigentlich immer entzieht. Sie bleibt im wahrsten Sinne des Wortes wild. Wir können gar nicht anders, als sie permanent zu lesen und zu deuten.
Warum sind alle ihre Bücher vom Zusammenspiel von Text und Bild geprägt?
Ich möchte, dass meine Bücher verschiedene Eingänge bieten. Die Rede vom reinen Text, vom sogenannten Content, ist mir zuwider. Das ist eine Art protestantisches Reinheitsgebot, man verkennt dabei, dass es einen Inhalt ohne seine Form gar nicht gibt. Beim „Hals der Giraffe“ ging es mir um die Frage, wie Wissen veranschaulicht wird. Der Roman funktioniert optisch wie ein Biologiebuch. Die Illustrationen sind Ikonen, die der Unterricht vorgebracht hat. Ein Pantoffeltierchen kann man beschreiben. Ein Kreuzungsschema zweier reinerbiger Rinderrassen vielleicht auch. Es ist aber viel eindrücklicher, diese Abbildungen zu zeigen. Wir sehen sie und erinnern uns. Es gibt Momente, in denen Bilder tatsächlich mehr sagen als Worte.
Sind E-Books der natürliche Feind des schönen Buches?
Wir sind in einer Phase eines fundamentalen Wandels. Das Taschenbuch wird das vermutlich nicht überleben, es stirbt gerade schon vor sich hin. Aber ich glaube an ein Nebeneinander von Buch und E-Book. Letzteres ist fürs Recherchieren recht praktisch. Allerdings sieht auf Flohmärken nichts so alt und schäbig aus, wie das Tablet von vor drei Jahren. Ich glaube, schöne Bücher können zeigen, warum das Buch so lange überdauert hat. Es bleibt in seiner Einfachheit für mich das sensationellste Medium, das wir haben.