Die Energie Baden-Württemberg wartet eine Entscheidung über eigene Stadtwerke ab. Diese könnte ein Wohnungsbauprojekt verhindern.

Stuttgart - Die Diskussion über die Gründung eigener Stadtwerke in der Landeshauptstadt hat die Energie Baden-Württemberg (EnBW) dazu veranlasst, ihr geplantes großes Neubauvorhaben am Gaskessel vorerst in der Schublade verschwinden zu lassen. Somit wird das mehr als vier Hektar große EnBW-Areal beim Stöckach im Stuttgarter Osten bis auf weiteres auch nicht frei - und die dort geplanten rund 400 Wohnungen können vorerst nicht gebaut werden. Über das Areal sozusagen mitten in der Stadt wird schon seit dem Jahr 2006 diskutiert. Damals waren die Pläne des Energieversorgungsunternehmens für den Bau der inzwischen bezogenen EnBW-City im Gewerbegebiet Fasanenhof-Ost bekannt geworden. In dieser neuen Zentrale hat das Unternehmen fast alle seine Mitarbeiter konzentriert, die bisher auf mehrere Standorte im Stadtgebiet und auch darüber hinaus verteilt gewesen waren.

Auch der Standort zwischen Stöckach-, Hack- und Heinrich-Baumann-Straße sollte mittelfristig weitgehend geräumt werden. Das Quartier wird von der EnBWRegional AG genutzt, von dem Regionalzentrum aus wird die Strom- und Gasversorgung in der Region Stuttgart gesteuert. Dort stehen Werkstätten und elektrische Anlagen, das Ausbildungszentrum befindet sich dort, ein Gebäude mit einer Sporthalle sowie ein Bürogebäude. Ursprünglich war geplant, dass ein Teil der Mitarbeiter - wie mittlerweile geschehen - in die EnBW-City auf den Fildern umzieht. Gleichzeitig gab es Pläne für ein neues Technik- und Bürogebäude beim Gaskessel.

Dort an der B10 gleich neben dem Gaskessel waren, wie berichtet, die beiden großen, bunt bemalten Propangaskugeln vor einiger Zeit demontiert worden, weil man sie nicht mehr benötigte. Auf dem Areal sollte parallel zur Bundesstraße ein großer Gebäudekomplex entstehen. Die Pläne dafür sind längst fertig, innerhalb des Energiekonzerns auch abgesegnet, das Investitionsvolumen beträgt rund 30 Millionen Euro.

Parallel zu diesen EnBW-internen Planungen überlegten das Unternehmen, die Stadt und externe Berater im Rahmen eines Bundesforschungsprojektes namens Refina, wie das bisherige Unternehmensareal im Stuttgarter Osten künftig genutzt werden könnte. Refina ist die Abkürzung für "Forschung für die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme und ein nachhaltiges Flächenmanagement" und ist Teil der sogenannten nationalen Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung.

Die Planung war schon weit fortgeschritten


Die Universität Stuttgart hatte für ein Projekt zur Entwicklung von kleineren Flächen in zentralen Stadtbereichen den Zuschlag für Fördergelder bekommen. Im Rahmen des Projektes wurde in einem kooperativen Planungsverfahren ein neues Nutzungskonzept für das Quartier erarbeitet. In einem solchen neuartigen Verfahren tauschen sich alle Beteiligten frühzeitig aus und arbeiten eng zusammen. Zunächst erarbeiteten vier Architekturbüros begleitet von Vertretern des Stadtplanungsamtes, der Wirtschaftsförderung, der EnBW, dem Bezirksvorsteher von Stuttgart-Ost und weiteren externen Beratern Pläne für das Areal. Aus den vier Vorschlägen wurden Empfehlungen für das weitere Vorgehen zusammengestellt.

Danach könnten in dem Quartier in bestehenden und neu zu errichtenden Gebäuden bis zu 400 Wohnungen mit relativ hoher Wohnqualität entstehen, darunter beispielsweise auch Loftwohnungen. Es wird eine Mischung von 75 Prozent Wohnen und 25 Prozent Gewerbe vorgeschlagen, wodurch etwa die Nahversorgung gesichert werden soll. Denkbar wäre auch, die bisher unterbrochene Sickstraße wieder bis zum Heilandsplatz zu öffnen und boulevardmäßig umzugestalten. Angedacht wurde auch eine EnBW-Mustersiedlung zum Thema nachhaltiger Umgang mit Energie.

All diese zum Teil mit erheblichem Aufwand erarbeiteten Planungen sind jetzt erst einmal auf Eis gelegt. Beim Besuch des Ausschusses für Wirtschaft und Wohnen des Stuttgarter Gemeinderates am Montag sagte das Vorstandsmitglied der EnBW Regional AG, Walter Böhmerle: "Das Bauvorhaben ist bei den derzeitigen Diskussionen vorerst zurückgestellt und liegt in der Schublade." Er bat die Ausschussmitglieder um Verständnis für diese Zurückhaltung des Unternehmens.

Eine Entscheidung über das EnBW-Bauvorhaben und das Areal im Stuttgarter Osten wird frühstens dann fallen, wenn der von der Stadt beauftragte Sachverständige sein Gutachten über eigene Stadtwerke vorgelegt hat. Darin soll auch erörtert werden, ob und wie die EnBW an Stuttgarter Stadtwerken beteiligt sein könnte.