Salvatore Abastante ist einer von wenigen Fleischsommeliers in Deutschland. Im Pier 51 in Degerloch erklärt er seit kurzem den Gästen den Unterschied zwischen Rib-Eye- und Tomahawk-Steak.

Stuttgart - Guten Abend, mein Name ist Salvatore, ich bin Ihr Fleischsommelier.“ „Bitte, was?“ Der Mann mit der Lederschürze und dem Tranchiermesser in der Tasche erklärt den Gästen im Degerlocher Restaurant Pier 51 nicht den Unterschied zwischen Chardonnay und Chablis, sondern zwischen Tomahawk- und Rib-Eye-Steak. Eine Neuerung, die damit zusammenhängt, dass sich der Gast zunehmend für edle Fleischteile interessiert.

 

Mittags kommen die Geschäftsleute aus der Umgebung zum schnellen Lunch vorbei. Jetzt hat der Fleischberater Zeit für ein Gespräch auf der roten Kunstlederbank. Mit dabei: sein Chef Jörg Rauschenberger, Gastronom und Caterer.

Zum Fleischsommelier in Österreich ausgebildet

„Ich bin Italiener.“ Zunächst stellt Salvatore Abastante klar, dass er nicht etwa der erste deutsche Fleischsommelier ist. Wenn, dann ein italienischer, der in Deutschland arbeitet. Und nach eigenem Wissen hierzulande höchstens einen weiteren Kollegen hat. Wobei der Begriff nicht geschützt sei. Sicher ist jedenfalls, dass der 46-Jährige ein anerkanntes Diplom in der Tasche hat. Am österreichischen Wirtschaftsförderungsinstitut, kurz WIFI, in Wien hat er an einem drei Monate dauernden jeweils ganztägigen Seminar teilgenommen und im Juli 2014 die Prüfungen bestanden. In Österreich wird diese Zusatzausbildung im Lebensmittelbereich seit 2011 und nach vier Jahren Vorbereitungszeit angeboten. In der Wiener WIFI-Niederlassung war Salvatore einer der sieben ersten Absolventen. Die Mitschüler: vorwiegend Metzger und Fachhändler aus ganz Österreich.

Vom Hummerbecken blubbert es ordentlich herüber. Ein Prachtexemplar versucht, dem Aquarium zu entkommen. „Die haben es jetzt auch besser als vorher“, wirft Rauschenberger ein, der das Restaurant kürzlich für 120 000 Euro „behutsam renoviert“ hat, wie er es nennt. „Die Kunst ist, dass man es gar nicht sieht.“

„Dry aged“ ist das Lieblingsreifeverfahren von Steak Fans

Zurück zum Fleisch: „Genetik der Rinderrassen, Haltung, Fütterung, Fettverteilung“, fängt Abastante an, die 120 Lehreinheiten aufzuzählen, die auch Schwein, Schaf, Geflügel umfassen. Dazu der praktische Teil: „Fleischkäse machen, in der Räucherkammer rumhängen.“ Aber das meine er natürlich nicht wörtlich. Geradezu leidenschaftlich wird er, wenn es um das beste Reifeverfahren geht. „Dry aged“ natürlich, das Lieblingswort der Steakfans.

Im Prinzip sei die trockene Reifung ein uraltes Verfahren, holt Abastante aus. Erst in den 60er Jahren, mit Erfindung der Vakuumpumpe, sei die heute gängige Nassreifung eingeführt worden. Die moderne Technik als Rolle rückwärts: für das Pier-51-Paradestück sucht der Sommelier persönlich das Rindvieh vom Staufferland-Verband aus. Es sollte eine ordentliche Fettschicht haben, damit das Fleisch später auch saftig ist, schließlich verliert es beim Abhängen ordentlich Gewicht. Klasse drei bis vier sollte sein Fettgehalt schon sein – „eins ist spindeldürr“. Danach reift es nach seinen Vorgaben beim Fleischgroßmarkt Mega in Gaisburg, drei oder sechs Monate lang, bei 80 Prozent Luftfeuchtigkeit und 1,5 Grad. „Das ist das italienische Verfahren“, sagt Abastante.

Abastante hat früher Lokale in Ludwigsburg betrieben

Geboren ist er in Kalabrien, aufgewachsen in Neuwirtshaus. „Ich bin von meiner Mutter entführt worden“, sagt er und lacht. Die hat bei Jörg Rauschenberger in der Stuttgarter Freiheit an der Calwer Straße gekocht. Er selbst war später dort im Service. „Da hatte ich noch Haare“, sagt er und streicht sich über den blanken Kopf. „Ist ein Vorteil, wenn man mit Lebensmitteln zu tun hat.“ Der gelernte Koch und Restaurantfachmann hat sich nach vielen Stuttgarter und Ludwigsburger Jahren – er betrieb unter anderem das Meeting und das Werkcafé – 2005 nach Tirol aufgemacht. „Ich wollte mal was Neues ausprobieren.“ Dort arbeitete er in einem bekannten Hotel bei Ischgl, wo er dank seinem Chef mit der hohen Steakkunde in Berührung kam.

Seit Kurzem berät er nun im Pier 51, er erklärt, trägt die rohen Stücke an den Tisch, tranchiert sie später dort. Der Renner ist das etwa 1,2 Kilogramm schwere Tomahawk-Steak. Das Rib-Eye-Steak sieht wegen des Rippenbogens aus wie eine Indianeraxt und kostet 99 Euro ohne Beilagen.

Das reicht locker für drei Personen, wirft Rauschenberger ein. Außerdem habe man auch Rote Bete und Zucchinicarpaccio auf der Karte. Denn wer wolle schon Fleisch ohne Beilagen essen?