Bei den Stuttgarter Kickers soll alles professioneller werden: Im zweiten Jahr nach dem Aufstieg erhöht der Stuttgarter Drittligist seinen Etat auf ambitionierte fünf Millionen Euro.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Dass es in Stuttgart von Baustellen nur so wimmelt, das hat auch schon der Kickers-Trainer Massimo Morales gemerkt. Als er zur neuen Saison aus seinem Interimsdomizil im Waldhotel auszog, hat er sich eine Wohnung in Degerloch genommen. „Da kann ich zur Not auch ins Training laufen“, sagt der Italiener.

 

Dieses Problem hätte er also gelöst, dafür wartet noch das eine oder andere auf ihn – und den Verein. Die größten Sorgen bereitet dem Coach aktuell das Verletzungspech beim Fußball-Drittligisten. Viele Spieler können noch nicht oder zumindest nicht hundertprozentig am Training teilnehmen, so dass zum Saisonstart am Samstag gegen Erfurt keine Wunschelf auf dem Platz stehen wird – zumal sich der VfL Bochum bisher weigert, dem Spieler Daniel Engelbrecht die Freigabe zu erteilen. Zudem brauchen die Kickers stets vier Akteure unter 23 Jahren auf dem Spielbericht, was so manchem Quotenspieler einem Platz auf der Bank garantieren dürfte.

Allerdings nicht neben Guido Buchwald. Das für den Sport zuständige Präsidiumsmitglied sitzt wieder auf der Tribüne, nachdem er zwischenzeitlich auf der Bank Platz nahm, was aber für keine der Seiten zielführend war. Überhaupt hat die vergangene Runde – mit dem Zittern bis zur letzten Sekunde – ihre Spuren hinterlassen. Im Falle des Abstiegs wäre Buchwald wohl kaum mehr im Amt, sofern man das bei einem ehrenamtlichen Engagement sagen kann.

Gerd Dais stellt Forderungen

Ein paar Nachwehen gibt es dennoch. Während Buchwald unmittelbar nach der Trennung von Gerd Dais erklärte, damit seien sämtliche finanzielle Forderungen über die Saison hinaus abgegolten, sieht das der Ex-Trainer naturgemäß etwas anders. „Es ist ein schwebendes Verfahren, da wird es sicher noch ein Gespräch geben“, machte Dais gegenüber der StZ deutlich, dass eine Vertragsverlängerung für ihn im Falle des Klassenverbleibs um zwei Jahre durchaus Gültigkeit habe.

Auf jeden Fall wollen sich die Kickers künftig besser positionieren. Auch im sportlichen Bereich, wo ein Koordinator im Allgemeinen und Michael Zeyer im Besonderen im Gespräch ist. Der war in ähnlicher Funktion schon bei den Blauen, doch stimmte die Chemie mit dem damaligen Trainer Dirk Schuster nicht. Zeyer war fortan nur in beratender Funktion tätig. Die Offiziellen erinnerten sich aber an den Sach- und Fachverstand des 45-Jährigen und wollen ihn nun wieder ins Boot holen.

Vorausgesetzt das Stellenprofil passt. Buchwald selbst sucht einen „Assistenten“, eine Beschreibung, in der sich Zeyer kaum wiederfinden dürfte. Der sagt deshalb: „Bei den Kickers mitzuwirken, wäre eine reizvolle Aufgabe, aber die Rolle muss exakt definiert sein. Sonst macht es keinen Sinn.“ Deshalb ist zeitnah ein Gespräch zwischen den beiden Ex-Profis anberaumt. Der Präsident Rainer Lorz weiß um das Konfliktpotenzial und stößt ins gleiche Horn: „Die Aufgaben müssen klar abgegrenzt sein“ – wobei er sich noch nicht auf den Namen Zeyer festlegen will. Nur so viel: „Wir müssen uns breiter aufstellen.“

Kickers planen mit einem Etat von fünf Millionen Euro

Was allerdings mit Mehrkosten verbunden ist. Die Kickers planen für die anstehende Saison mit einem Etat von fünf Millionen Euro, davon kanpp die Hälfte für die erste Mannschaft. Das ist ein ambitioniertes Ziel, nachdem im Vorjahr mit etwa 3,5 Millionen kalkuliert worden war. „Wir rechnen auf der Einnahmeseite mit einer Steigerung“, sagt Lorz, „und arbeiten daran, weitere Partner zu finden.“

Denn bisher hat der Verein in diesem Bereich durchaus Abgänge zu vermelden. So hat sich der bisherige Co-Sponsor Schober, der immerhin mit einem Betrag im unteren sechsstelligen Bereich engagiert war, zurückgezogen. Oder der Premiumpartner Xerox, der ebenfalls im fünfstelligen Euro-Bereich vertreten war. Oder auch die Firma Endress, deren Chef Uli Endress zu den Gründen sagt: „Mir hat zuletzt der Ansprechpartner gefehlt.“ Das ist inzwischen die Hamburger Agentur Ufa Sports, die mit vier Mann vertreten ist, um die hoch gesteckten Erwartungen des Clubs zu erfüllen. Kein leichtes Unterfangen, denn „die Kickers haben immer auch von ihrem familiären Umfeld gelebt“, so Endress.

Der Spagat zwischen Professionalisierung und Regionalisierung ist sicher eine der brisantesten Aufgaben. Nicht zuletzt dafür hat man in Hans-Georg Felder einen PR-Profi (einst Pressechef von Hertha BSC) engagiert, der nicht nur den Bereich Medien koordinieren soll, sondern auch für das Marketing zuständig ist. Allerdings weniger für die Akquise (wobei das nicht zu seinem Schaden wäre) als für die Außendarstellung, sprich Imagewerbung. Und wie sagt Lorz so schön: „Wir müssen am Ball bleiben.“ Nicht nur auf dem Rasen. Da traf es sich gut, dass der Club am Dienstag zum offiziellen Kick-off für die Sponsoren bei der Südwestbank lud, auch wenn der ein oder andere altgediente Partner fehlte.