In Ägypten sind die christlichen Kopten Opfer von Gewalt. Der Stuttgarter Pater Johannes Ghali ist wegen der Lage seiner Glaubensbrüder in Ägypten besorgt. Auch seine Verwandten sind betroffen, erzählt er im Interview.

Stuttgart – - In Ägypten sind in den vergangenen Tagen dutzende koptische Kirchen niedergebrannt worden. Geschäfte, Wohnhäuser und Apotheken in koptischem Besitz wurden geplündert. Die Gesellschaft für bedrohte Völker ist der Ansicht, dass Kopten in ihrer Heimat Ägypten keine Religionsfreiheit mehr genießen können und warnt sogar vor einem Exodus. Johannes Ghali ist Pater der koptisch-orthodoxen Gemeinde St. Georg an der Wurmlinger Straße in Stuttgart. Er und die Gemeindemitglieder versuchen, von Deutschland aus zu helfen.
Pater Ghali, haben Sie Verwandte oder Bekannte in Ägypten, die unter der derzeitigen Situation leiden?
Ja, Verwandte von mir wohnen etwa 250 Kilometer südlich von Kairo in der Region Al-Minja, wo die meisten Kirchen gebrannt haben. Im ganzen Land waren es mehr als 60. Ich telefoniere mehrmals täglich mit meinen Verwandten und den Pfarrern vor Ort. Mitte vergangener Woche war die Situation so schlimm, dass ich jede halbe Stunde jemanden angerufen habe. Seit Sonntagabend hat sich die Lage zum Glück etwas beruhigt. Jetzt passt das Militär auf den Straßen auf, und die Ausgangssperre wurde aufgehoben. Vom vergangenen Mittwoch bis Sonntag konnte niemand in den Kirchen beten gehen, weil alles zerstört war. Am Sonntagabend fand erstmals wieder ein Gebet statt, allerdings in den Trümmern einer Kirche.
Wie eng ist der Kontakt zwischen der Gemeinde St. Georg und koptischen Gemeinden in Ägypten?
Zahlreiche Gemeindemitglieder haben Verwandte in Ägypten, mit denen sie in regelmäßigem Kontakt stehen. Wir beten sehr häufig für die Betroffenen. Darüber hinaus planen wir eine Spendenaktion mit weiteren koptischen Gemeinden in Deutschland. Aber Geld ist meiner Meinung nach nicht das Wichtigste. Viel wichtiger ist doch, dass wir den Gemeinden in Ägypten zeigen, dass wir an sie denken und bei ihnen sind. Wir alle haben viel Vertrauen in Gott.
Halten Sie die Lage der Kopten in Ägypten für lebensgefährlich?
Wir Kopten fürchten uns nicht vor dem Tod. Schon lange leben wir in Unterdrückung – auch schon vor dem Sturz von Mohammed Mursi. Da war die Situation fast genauso schlimm wie heute. Viele Kopten wurden getötet, manche wurden sogar öffentlich verbrannt. Aber die Medien haben darüber nicht berichtet.
Kann man als Kopte langfristig in dem Land bleiben?
Ja, natürlich. Wir Kopten werden schon lange unterdrückt. Die Kirche wird in schweren Zeiten nur noch stärker. Wir haben viel Hoffnung, dass die Situation sich bessert. Aber schlimmer werden als unter der Herrschaft von Mohammed Mursi kann es nicht.