Surfsport ist als Einzelkämpfersport bekannt, der von großen Sponsoren unterstützt wird; bestätigt sich das Bild in Gaza?
Das ist überhaupt nicht vergleichbar mit irgendwelchen westlichen Surfern oder gar professionellen Surfern. Sponsoring gibt es dort überhaupt nicht. Dementsprechend ist auch nicht diese Art von Konkurrenzkampf vorhanden. Während es im Westen totaler Ellenbogensport ist, freuen sie sich und fassen sich auch mal an den Händen, wenn sie eine Welle reiten. Ein echtes Gemeinschaftserlebnis.
Gibt es auch weibliche Surfer?
Der harte Kern besteht aus rund einem Dutzend Surfern. Es sind fast ausschließlich Männer, wir haben aber auch ein junges Mädchen kennenlernen dürfen, die von ihrem Vater tatsächlich unterstützt wird. Ältere Mädchen und junge Frauen haben es nicht so leicht, denn es ist oft das Problem, dass ihre Ehemänner es nicht gerne sehen, wenn ihre Frauen in der Öffentlichkeit Sport ausüben. Wassersport ist ja nun auch sehr körperbetont, das ist gesellschaftlich schwierig.
Ist der Surfsport somit auch eine Form des Protests?
Meine Wahrnehmung ist, dass das Surfen nicht als bewusster Protest ausgeübt wird, sondern eher als eine Flucht vor den Schwierigkeiten des Alltags in diesem überbevölkerten Streifen Land. Es gibt viele Probleme: Belagerung, Isolation und gesellschaftliche Zwänge, aber im Wasser können die Surfer all das für einige Augenblicke vergessen. Hinzu kommt, dass nur ganz wenige überhaupt schwimmen können. Das trifft sowohl auf Frauen als auch auf Männer zu.
Wie sind die Protagonisten an die Materialien gekommen?
Surfbretter kann man dort nicht kaufen. Vor rund 20 Jahren kamen die ersten Surfbretter nach Gaza, als es noch unter israelischer Kontrolle stand. Seitdem sich Israel aus dem Gazastreifen zurückgezogen hat und die Hamas die Regierung stellt, kommen sehr viele Güter nicht mehr ins Land. Surfbretter sind da auf der Prioritätenliste ganz unten. Es gibt aber Unterstützung von Surfern unter anderem aus Israel und den USA, die in den letzten Jahren versucht haben, gebrauchte, gespendete Surfbretter über die Grenze zu bringen und das mit viel Geduld und Einsatz immer mal wieder schaffen.