Gunter Demnig und mit ihm die Stolperstein-Initiative im Süden werten die historischen Fakten anders. Demnig sagt: "Meine Stolpersteine, inzwischen 27.000 in Deutschland und ganz Europa, liegen vor der jeweils letzten, von den späteren Opfern frei gewählten Wohnung, ehe sie direkt deportiert oder in die sogenannten Judenhäuser gepfercht und von dort aus verschleppt wurden."

Im Falle des Ehepaars Mathilde und Max Henle sei es nach den Recherchen der Initiative Süd nachweislich so gewesen: "Das Haus Koppentalstraße 3, in dem die Eheleute im April 1939 unterkamen, gehörte Mathilde Henles jüdischer Schwägerin Erna Bickert, also einer Verwandten, bei der bereits andere verfolgte Juden dicht gedrängt lebten." Dieses Gebäude sei also ein "Judenhaus" gewesen - von einem freiwilligen Einzug dort könne keine Rede sein, eine Wohnung auf dem freien Markt hätten die Juden zu jener Zeit nicht mehr bekommen können; 1942 wurden Mathilde und Max Henle, beide bereits deutlich über sechzig Jahre alt, in das "Judenviertel Haag" nach Haigerloch "evakuiert" - im August 1942 sollten sie vom Killesberg aus in das KZ Theresienstadt deportiert werden. Max Henle, 68 Jahre alt, starb vor Angst und Aufregung auf dem Killesberg, seine Frau wurde in Theresienstadt ermordet, ihre Schwägerin Erna Bickert war bereits 1941 in Riga ermordet worden.

Gunter Demnig blickt der Verhandlung vor dem Stuttgarter Amtsgericht mit Gelassenheit entgegen: "Es hat schon viele Versuche gegeben, die Stolpersteine wieder loszuwerden. Aber noch nie war eine Klage vor Gericht erfolgreich. Das wird auch in diesem Fall wieder so sein."