Ein Busfahrer hat eine Erzieherin samt voll besetztem Kinderwagen nicht mitgenommen. Der Viererwagen sei nicht sicher genug. Nun wird das Modell, das in vielen Kitas im Einsatz ist, untersucht.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Die Kinder der Krippe Kleine Hilla machen regelmäßig Ausflüge. Mal geht es in die Stadt, dann in den Wald oder auf einen Spielplatz. Oft fahren die Erzieherinnen mit Bus und Bahn, um an ihr Ziel zu gelangen. Doch nun ist das Personal verunsichert.

 

Denn vor wenigen Tagen hat ein Busfahrer der Linie 43 eine Erzieherin der Krippe am Vormittag des Busses verwiesen. Sie war gerade am Wilhelmsbau mit einem voll besetzten Viererkinderwagen, auch Turtlebus genannt, eingestiegen. Begründung des Fahrers: der Wagen sei nicht sicher genug. „Dabei hat der Viererwagen bessere Bremsen als normale Kinderwagen“, sagt Ana Sobral, die betroffene Erzieherin. Das nur 75 Zentimeter breite Gefährt ist laut dem Hersteller Winther mit Schubbremsen an den Hinterrädern und einer automatischen Feststellbremse ausgestattet.

Die Stuttgarter Straßenbahnen überprüfen das Gefährt

Seit Jahren sei sie mit dem Viererkinderwagen in Bus und Bahn unterwegs, nie habe es Probleme gegeben, berichtet die Erzieherin. „Das kann doch in einer kinderfreundlichen Stadt nicht sein, dass man nicht mit dem Kinderwagen Bus fahren kann“, meint die 26-Jährige. Unangenehm fand sie zudem, dass der Busfahrer, als sie nicht sofort reagierte, sogar die Leitstelle einschaltete. „Die Frau mit dem großen Kinderwagen soll bitte sofort den Bus verlassen“, soll es daraufhin auch von offizieller Seite durch den Bus geschallt haben.

Bei den Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) ist der Fall bekannt, weil sich die Erzieherin auch dort beschwert hat. Der zuständige Betriebsleiter hat sich inzwischen der Sache angenommen. Er werde „zeitnah“ einen Termin mit der Einrichtung ausmachen, um sich den Kinderwagen anzusehen, sagt Susanne Schupp, die Pressesprecherin der SSB. Dann werde geschaut, ob der Viererkinderwagen wirklich sicher genug sei für eine Fahrt mit dem Bus. „Der Fahrer ist für die Sicherheit seiner Fahrgäste verantwortlich“, sagt Susanne Schupp. Sie sieht deshalb auch kein Fehlverhalten des Mannes, da er den Kinderwagen als nicht sicher eingestuft habe. Und Busse bremsten schließlich durchaus mal stärker ab. Als problematisch sieht die SSB nur den speziellen Wagen in der betroffenen Einrichtung ein. „Diesen Einzelfall wollen wir aufklären“, sagt Schupp. Die anderen Kitas mit großen Wagen „fahren weiter, wie sie möchten“, betont die Pressesprecherin. Sobald die Prüfung erfolgt sei, würden alle  Kollegen vom Fahrdienst informiert. Nur ein Einzelfall? Die Turtlebusse sind schließlich bei vielen Kindertagesstätten im Einsatz. Oft dürfte es sich um das gleiche Modell handeln wie in der Kleinen Hilla, denn die Marke Winther gilt in dem Segment als Marktführer.

Turtlebus ist ein beliebtes Modell

„Wir haben sehr viele Lieferungen nach Stuttgart gehabt“, bestätigt Arnd Corts, der Geschäftsführer von Kreativsport Winthershop, der die Fahrzeuge des dänischen Herstellers in Deutschland vertreibt. Er versichert, dass man mit den Tüv-zertifizierten Turtlebussen „problemlos mit öffentlichen Verkehrsmitteln“ fahren könne. „Dafür sind sie ausgerichtet“, sagt Corts. Auch von der Breite her seien sie für die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln gebaut worden. Nur in drei Städten in Deutschland gebe es immer mal wieder Ärger mit den Verkehrsbetrieben: in Berlin, München und Stuttgart. „In jeder anderen Stadt geht das problemlos“, so Corts.

Der nächste Fahrer nimmt die Krippenkinder mit

Ana Sobral bestätigt, dass sich der Betriebsleiter der Stuttgarter Verkehrsbetriebe inzwischen bei ihr telefonisch gemeldet hat. Er sei auch sehr freundlich gewesen. Sie musste nach dem Vorfall zum Glück nicht den Berg hoch zurück zur Krippe schieben. „Wir sind in den nächsten Bus eingestiegen“, erzählt die Erzieherin. Der nächste Fahrer habe auch ganz anders als sein Vorgänger auf die vier Kinder in dem Wagen reagiert: „Er hat uns angelacht.“