Diese Zahl lässt Sie kalt?
Diese Tagesmessungen auf Einkaufsmeilen haben eine zufällige Note. Wichtig ist nur die Tendenz, und da steht Stuttgart irre gut da. Wenn das Milaneo 30 000 Besucher pro Tag hat, dann ist doch klar, dass man die nicht alle mehr auf der Königstraße zählen kann. Deswegen kann man doch nicht sagen, die Stadt habe weniger Anziehungspunkte.
Wie steht es wirklich um den Handel in Stuttgart?
Seine Fähigkeit, Kaufkraft zu binden, hat wegen des Online-Handels nachgelassen. Ich verstehe die Sorgen. Man muss allerdings höllisch aufpassen, dass man Frequenz und Umsatz nicht gleichsetzt. Weil die Frequenz durch den Online-Handel schwächer wird, muss man ja die Attraktivität der Stadt hoch halten oder ausbauen.
Und das wollen Sie mit dem Abbau von Parkplätzen erreichen.
Ich habe mir Oslo, Kopenhagen und andere Städte angeschaut. Die haben in großen Innenstadtbereichen die Autos rausgeworfen und sie haben eine wahnsinnige Fußgängerfrequenz. Die haben mehr Möglichkeiten der Gestaltung, mehr Aufenthaltsqualität, mehr Freizügigkeit und mehr Lebendigkeit gewonnen. Das ist auch unser Job im Gemeinderat: die Anziehungskraft von Stuttgart auch morgen und übermorgen zu sichern. In der Hoffnung, dass auch Gastronomie und Handel möglichst stark davon profitieren.
Menschen im Umland schreiben uns aber, man werde aus Stuttgart wegbleiben.
Ein Rennen um besonders viele und besonders günstige Parkplätze werden wir gegen die Breuningerländer der Region und der Welt nie gewinnen. Dort liegen andere Grundstückspreise zugrunde als in der Stuttgarter City mit ihren brutal teuren Grundstücken.
Umso wichtiger ist es dem Handel, dass man stellenweise nah an die Läden heranfahren kann.
Das eine Prozent der Parkplätze, um die jetzt gestritten wird, ist überbewertet. Darunter sind Behindertenparkplätze, die illegal zugeparkt werden. Der ewige Parksuchverkehr frustet Autofahrer und Passanten. Behindertenparkplätze werden wir zwar weiterhin brauchen, ansonsten aber gilt: Rund ums Zentrum und teilweise innerhalb des Cityrings haben wir Parkhäuser mit insgesamt etwa 12000 Stellplätzen, manchmal dicht an der Königstraße. Man hat es dorthin von keinem Punkt im Zentrum weit. Natürlich kann es passieren, dass man seine Tüten mal 200 Meter tragen muss.
Man muss auch Schleifen fahren, weil das Angebot an freien Plätzen so unübersichtlich ist.
Die Stadt wird 2018 mit dem Ausbau des Parkleitsystems beginnen. Es wird 80 zusätzliche Hinweisschilder geben. Man wird künftig sehen, da ist was frei, ich fahr noch 200 Meter und kann ins Parkhaus. Bei manchen Einkäufen kann man das Tragen oder das Abholen sperriger Waren übrigens heute schon verhindern. Da und dort kann man sich Waren anschauen und liefern lassen. Die Händler müssen aber noch mehr aufwachen.