In der Reihe „StZ im Gespräch“ informiert der Kanada-Korrespondent Gerd Braune Leserinnen und Leser über die Bedrohung der Arktis durch Klimawandel und Rohstoffhunger. Für die Veranstaltung am 7. Dezember können Sie sich ab sofort anmelden.

Stuttgart - Das Eis rund um den Nordpol schmilzt und schmilzt – und das viel schneller als gedacht. Bereits im ungewöhnlich warmen Jahr 2015 war nicht nur die Eisfläche in der Arktis stark geschrumpft, die noch bestehende Eisdecke war auch extrem dünn. Dann kam der unerwartet warme Winter 2015/16, als die Luft über weiten Teilen des arktischen Ozeans mehr als sechs Grad wärmer war als im langjährigen Durchschnitt. Das berichteten die Forscher des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in Bremerhaven. Darüber hinaus gab es im Frühjahr auch noch einen Wärmerekord auf Grönland: eine ungewöhnlich frühe Eisschmelze und die höchsten Apriltemperaturen seit dem Beginn der Aufzeichnungen.

 

Durch den warmen Winter hatte vor allem das neu gebildete Eis gelitten: Es war kaum einen Meter dick und damit ziemlich dünn. Normalerweise, so die Eisforscher, sei es doppelt so dick. Dass sich die Eisverluste im Sommer dennoch in Grenzen hielten, lag an dem mehrjährigen Eis. Es war mit drei bis vier Meter ähnlich dick wie in den Vorjahren, was den relativen Eisverlust im Juni und Juli 2016 deutlich gebremst hatte.

Die Gletscher schmelzen dahin

Doch dann kam der windige und warme August – und das Eis schmolz im Rekordtempo. So meldeten die Polarforscher zum Ende des arktischen Sommers im September, dass die Eisbedeckung im Nordpolarmeer gerade einmal knapp 4,1 Millionen Quadratkilometer umfasste. Nur 2012 war die Eisfläche mit 3,4 Millionen Quadratkilometer noch kleiner gewesen. Ab Ende August waren sowohl die Nordostpassage vor Russland als auch die kanadische Nordwestpassage befahrbar – man konnte per Schiff also problemlos den Nordpol umfahren. Auch in Grönland war es durchschnittlich 2,3 Grad wärmer als im langjährigen Mittel zwischen 1981 und 2010. So schmolzen die Gletscher mit ungeahnter Geschwindigkeit dahin. Zudem taut der arktische Dauerfrostboden fast in jedem Sommer ein bisschen tiefer auf, was lokal zu erheblichen Problemen führen kann.

Viele Kenner der Arktis bereitet diese Entwicklung große Sorge – auch Gerd Braune. „Ich liebe die Arktis, die Inuit und die Kälte“, sagt der langjährige Kanada-Korrespondent der Stuttgarter Zeitung. Fasziniert ist er auch von den Eisbären und den anderen Tieren, die in dieser unwirtlichen Gegend leben. Die eisigen Region nördlich des Polarkreises (etwa 66,57 Grad nördlicher Breite) liegen ihm so am Herzen, dass er ein Buch darüber geschrieben hat: „Die Arktis – Porträt einer Weltregion“. Darin skizziert er zum einen die Folgen des Klimawandels für die Natur, die in der Arktis besonders deutlich zu spüren sind. Und er macht sich zum anderen auch Gedanken darüber, wie nicht nur Anrainerstaaten wie Kanada, Russland, die USA, Norwegen und Dänemark, sondern auch andere Staaten wie etwa Deutschland ihre Interessen an diesem zunehmend eisfreien Gebiet wahren wollen.

Hunger nach Rohstoffen aller Art

Hinzu kommen die Begehrlichkeiten der großen Konzerne: Rohstoffe jeglicher Art locken – von Öl und Gas bis zu Nickel, Zink, Gold und Diamanten. Hinzu kommt, dass die Reedereien von kürzeren Transportwegen träumen, wenn das Nordpolgebiet immer länger eisfrei ist.

In der ganzen Diskussion um den möglichen Wettlauf um die Rohstoffe in der Arktis gibt Gerd Braune allerdings zu bedenken, dass nach wie vor das Nordpolgebiet die allermeiste Zeit des Jahres zugefroren ist – und sich daran so schnell auch nichts ändern wird. Hinzu kommt, dass es im Winter in der langen Polarnacht stockdunkel ist. Gleichwohl sieht Braune auch die Gefahren, die dem sensiblen Ökosystem in der Arktis vor allem bei einer intensivierten Ölförderung drohen. Und was eine möglicherweise verstärkte Erkundung und Ausbeutung von Rohstoffen sowie eine zunehmende Reisetätigkeit von Kreuzfahrtschiffen für die Inuit und andere dort heimische Völker bedeuten, lässt sich noch gar nicht absehen.

Unklare Rolle der USA

Der Spannungsbogen von der beängstigend schnell voranschreitenden Klimaerwärmung bis zu den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen für die Region wird das zentrale Thema der Veranstaltung „StZ im Gespräch“ sein, das von Michael Maurer, dem stellvertretenden Chefredakteur der StZ, moderiert wird. Dazu zählt auch die Frage, welche Rolle die Erwärmung der Arktis für das Weltklima spielt. Darüber hinaus gibt es aber noch zahlreiche weitere Themen, welche die Kanadier derzeit beschäftigen – und die Gerd Braune genau verfolgt. Wie etwa wird sich eine neue Politik des großen Nachbarn USA auf Kanada auswirken, wenn nun Donald Trump Präsident ist? Vor allem der angekündigte Wechsel in der Klimapolitik könnte für die Arktis große Folgen haben.

Da stellt sich auch gleich die Frage, wie der kanadische Premierminister Justin Trudeau wohl mit Trump zurecht kommen wird – und welche Konflikte zwischen den USA und Kanada drohen. Womöglich kommt in diesem Zusammenhang dem kanadisch-europäischen Handelsabkommen Ceta eine ganz neue Bedeutung zu. Aber vielleicht gibt es noch ganz andere Fragen, die der eine oder andere Leser zu Kanada hat – und die Gerd Braune sicherlich fachkundig beantworten kann.

So können Sie sich anmelden

Veranstaltung In der Reihe „StZ im Gespräch“ berichten regelmäßig Korrespondenten der Stuttgarter Zeitung aus aller Welt von Themen, die ihr Land bewegt. Gerd Braune kommt am Mittwoch, den 7. Dezember, ins Stuttgarter Pressehaus – das Studio S bietet Platz für 200 Gäste.

Anmeldung Wenn Sie sich für das Gespräch über die Arktis und Kanada interessieren, dann können Sie sich hier anmelden. Die kostenlose Veranstaltung beginnt am 7. Dezember 2016 um 19 Uhr im Pressehaus Stuttgart, Plieninger Straße 150, 70567 Stuttgart. Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt. In der Benachrichtigung finden Sie alle Infos zum Abend.