Christopher Howe, der kanadische Mittelblocker des Zweitligisten SV Fellbach, hat sich sein erstes Engagement im Ausland auf eigene Faust organisiert – und gleich seinen Traumverein gefunden.

Fellbach - Christopher Howe muss beim Blick in die Speisekarte nicht lange überlegen. Der Kanadier bestellt Kässpätzle mit Salat. Der Mittelblocker der Zweitliga-Volleyballer des SV Fellbach hat sich längst nicht nur an das schwäbische Essen gewöhnt. Der 24-Jährige von den Gulf Islands vor der Küste Vancouvers ist dankbar, dass er die Chance bekommen hat, in Europa zu leben und zu spielen. Für ihn hat sich mit dem ersten Engagement im Ausland ein Traum erfüllt: „Ich weiß nicht, wie lange meine Sportlerkarriere dauern wird, aber ich genieße jede Minute.“

 

Der persönliche Höhenflug von Christopher Howe wird von sportlichen Erfolgen mit den Fellbacher Volleyballern begleitet, die in der Tabelle der zweiten Liga seit Wochen souverän den Platz auf dem Gipfel besetzt halten. Mit sechs Punkten Vorsprung und dementsprechend selbstbewusst gehen der Kanadier und seine Teamgefährten am vorletzten Spieltag der Saison in die Spitzenpartie gegen den Zweiten Volleys Eltmann. Im Falle von mindestens zwei gewonnen Sätzen am Samstag (20 Uhr) in der Gäuäckerhalle I könnte der SVF bereits vor der finalen Begegnung am 2. April beim Tabellenvorletzten ASV Dachau die Meisterfeier steigen lassen. An den Titel – es wäre der zweite binnen weniger Tage, nachdem der Zweitliga-Verbund der Volleyballer in Fellbach zum Sport-Ass der Herzen 2015 gekürt wurde – denkt Christopher Howe noch nicht. Aber die Meisterschaft (mit oder ohne Aufstieg in die Bundesliga, der eigentlich erst 2017 angepeilt wird) wäre für ihn die Krönung, auch die seiner bisherigen Laufbahn, die im Alter von 16 Jahren begann.

Erst mit 16 Jahren hat er das Volleyballspiel entdeckt

Christopher Howe spielte zunächst Basketball. Angesichts seiner imposanten Größe von 2,03 Metern hätte er sicherlich auch unter dem Korb Großes erreichen können. Doch ihm missfiel der oft schmerzhafte Körperkontakt. Also entschied er, lieber durch ein Netz vom Gegner getrennt zu sein. Volleyball liegt in der Beliebtheitsskala in Kanada weit hinter Eishockey, doch in Christopher Howes Leben eroberte das körperkontaktlose Rückschlagspiel den ersten Platz als Lieblingssport. Einer Hochschullehrerin fiel sein Talent auf, und fortan nahm er sein Hobby ernster: „Anfangs hatte ich nicht viel zu bieten, aber ich habe viele gute Trainer gehabt.“ Zweimal in der Woche fuhr Christopher Howe, der sich selbst als athletisch, enthusiastisch und positiv beschreibt, mit dem Boot zum Training. Über regionale Teams in Britisch-Columbia arbeitete er sich ins Collegeteam und schließlich in die kanadische Jugend-Nationalmannschaft vor.

Nicht nur sportlich ist Christopher Howe engagiert. An der Universität in Vancouver wurde er zum Präsidenten von 600 Athleten gewählt. Eine Aufgabe, die er ebenso gewissenhaft ausübte wie die als Ballblocker beim SVF. Während der Unizeit kam ihm erstmals der Gedanke, nach Europa zu gehen, wie so viele seiner Mitspieler: „Sechs meiner Freunde spielen mittlerweile in Deutschland in der ersten Bundesliga.“ Doch während sich die sportlichen Kommilitonen mit Verträgen ausgestattet auf die Reise machten, startete Christopher Howe seine Suche nach einem europäischen Verein auf eigene Faust. Er nahm Kontakt zu Clubs auf und bot sich an. Am schnellsten reagierte der SVF-Teammanager Stephan Strohbücker. Einige E-Mails und wenige Skypeanrufe später stand der Vertrag zwischen dem ehrgeizigen Kanadier und den ambitionierten Fellbachern.

Die Kanada-Fellbach-Verbindung soll weitergehen

Nicht nur die Vertragsverhandlungen liefen reibungslos. Drei Wochen nach seiner Ankunft am Frankfurter Flughafen bezog er eine Wohnung in Oeffingen. „Ich fühle mich wohl, der Verein ist wie eine Familie, und die Fans sind die besten in ganz Deutschland. Das ist eine tolle Energie“, sagt er. Auch seine Arbeit als Trainer der Fellbacher U-14- und U-18-Jugendteams, mit der er etwas Geld verdient, bereitet ihm Freude. Die Jungs seien Instinktspieler, sagt er: „Und ich kann ihnen die Technik beibringen, denn das lernen wir in Kanada.“ Über die kommende Saison wollen der SVF und sein kanadischer Mittelblocker nach der finalen Partie sprechen. „Falls es mit uns nicht klappt, dann bringe ich andere Kanadier her. Die Kanada-Fellbach-Verbindung wird auf alle Fälle weitergehen.“

Vielleicht auch mit ihm. Doch da spielt nicht nur der Sport, sondern auch die Liebe eine Rolle. Denn, so gut es Christopher Howe hier gefällt, er vermisst seine Freundin Sydney. Am 1. April kommt sie. Dann will er ihr zeigen, wie schön Deutschland ist. „Wenn es ihr hier genauso gut gefällt wie mir und sie einen Job findet, könnten wir bleiben. Ich liebe Fellbach.“