Die deutsche Reederei und der ukrainische Charterer bestreiten, dem syrischen Diktator Baschar al-Assad Waffen zu liefern.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Emden - Man gibt sich zunächst recht zugeknöpft an der Nordseeküste. Anfragen zu ihrem Schiff Atlantic Cruiser und dessen Ladung wolle man nicht individuell beantworten, heißt es bei der Reederei Bockstiegel in Emden. Es folge eine Erklärung im Laufe des Tages. Am Wochenende war der Verdacht aufgekommen, das Frachtschiff habe Waffen für den syrischen Diktator Baschar al-Assad geladen.

 

Im ukrainischen Odessa ist man von Beginn an deutlich auskunftsfreudiger. „Alles Quatsch“, sagt Alexander Varvarenko. Der Generalmanager spricht im Namen der Gesellschaft White Whale Shipping, die den gut 100 Meter langen Frachter von der deutschen Reederei gechartert hat. An Bord seien ausschließlich zivile Güter, Maschinen und Maschinenteile. Medien, die etwas anderes behauptet haben, werde er vor Gericht verklagen, sagt Varvarenko.

Aktivisten schlagen Alarm

Es waren regimekritische Aktivisten, die im afrikanischen Dschibuti beobachtet haben wollen, wie Waffen auf das Schiff verladen wurden. Varvarenko bestreitet das. Das Schiff sei im indischen Mumbai beladen worden, und zwar mit Maschinenteilen von „erstklassigen Herstellern“. An Bord seien auch Geräte, wie sie im Bergbau benötigt werden, Zielländer seien die Türkei und Montenegro. Und natürlich, versichert Varvarenko, könnten sich die deutschen Medien ja auch bei den deutschen Eigentümern und Behörden darüber versichern, dass das Schiff keine einzige Waffe geladen habe.

Genau das ist gar nicht so einfach. Ob es sich bei der an Bord befindlichen Ware tatsächlich um Rüstungsgüter handelt, ist „bislang weiterhin nicht bekannt“, hieß es aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Die Reederei in Emden hatte am Wochenende erklärt, sie habe keinen Einblick in die Frachtpapiere. Das mag befremdlich klingen, ist allerdings nicht ungewöhnlich: „Ein Schiff zu chartern geschieht nach anderen Regeln als einen Reisebus zu mieten“, erklärt Max Johns, der Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Reeder.

Der Kapitän erfährt nicht alles

Der Eigentümer habe nicht automatisch Zugriff auf die Frachtdaten, der Kapitän keine Verpflichtung, zu überprüfen ob Ladung und Ladungspapiere übereinstimmen, sagt Johns. Mehr noch: „Der Kapitän hat zu dieser Art von Kontrolle nicht einmal die Möglichkeit, denn alle Container sind verplombt.“ Kontrollen dieser Art seien ausschließlich eine Angelegenheit der Hafenbehörden.

Am Mittag gab die Reederei eine Erklärung heraus, die weitgehend mit den Aussagen aus Odessa übereinstimmt. Das Schiff habe in Dschibuti nur Ladung gelöscht, aber keine weitere aufgenommen. Nun transportiere es Fracht für Syrien, die Türkei und Montenegro – und es gebe keine Erkenntnisse darüber, dass es sich bei der Ladung für Syrien „um etwas anderes handele als die in den Ladungspapieren beschriebenen zivilen Güter“.

Die Reederei habe das Schiff angewiesen, die Reise bis zu einer Klärung des Sachverhaltes nicht fortzusetzen, hieß es aus Emden. Diese Klärung, so der ukrainische Charterer, werde wohl im türkischen Hafen Iskenderun herbeigeführt.