Doch die Wogen haben sich inzwischen geglättet, und das We-Tab kann sich über knapp 23.000 Freunde bei Facebook freuen. Die Vorbestellungen bei Amazon sollen bereits in die Tausende gehen, so dass zum Verkaufsstart im September vielleicht tatsächlich eine fünfstellige Stückzahl ausgeliefert wird

Verstecken muss sich das We-Tab nicht. Von Ankershoffen kann selbstbewusst über den Tablet-PC berichten, an dessen strategischer Entwicklung er seit drei Jahren mitarbeitet: "Wir sind keine iPad-Killer, sondern bedienen eine andere Zielgruppe, die einen voll funktionsfähigen Computer haben will." Das iPad bezeichnet der Neofonie-Chef als "Medienkonsumgerät". Ins Schwärmen gerät der ansonsten besonnen wirkende Informatiker, wenn er auf die "Markenfamilie" seiner Firma zu sprechen kommt. Dazu zählen neben dem We-Tab die Suchmaschine We-Find, die elektronische Publikationsplattform We-Magazine und We-Share, eine Software, mit der sich Inhalte in sozialen Netzwerken platzieren lassen.

Der Kunde wird durchschaubar


Hinter diesen Anwendungen steht eine Philosophie, die für sich in Anspruch nimmt, das Wesen des Onlinegeschäfts erkannt zu haben: Beziehungen zwischen Menschen oder Beziehungen zwischen Unternehmen und ihren Kunden. Beides, sagt von Ankershoffen, laufe Gefahr, verloren zu gehen. "Die Amerikaner machen es vor und die Deutschen schauen zu", empört er sich. Seine Analyse: Vertriebsplattformen wie Google, Apple und Facebook machen das Geschäft mit Bezahlinhalten unter sich aus, indem sie die Kundenbeziehungen beispielsweise der Musikindustrie übernehmen. Nur Apple weiß etwa, was einen I-Tunes-Kunden umtreibt, für die Musikindustrie ist er verloren. Sie erhält zwar einen Anteil am gekauften Song, kann aber selbst die Preisgestaltung nicht mehr beeinflussen.

"Das Wertvollste, das es gibt, ist die Kundenbeziehung", sagt von Ankershoffen, "und der strategische Konter ist ein kooperatives Geschäftsmodell." Dies sei mit dem We-Tab möglich. Denn hier werden Zeitungs- oder Musikverlage an allen Umsätzen, die ein Kunde auf dem Gerät tätigt, beteiligt. Seien es Online-Käufe, Werbeklicks oder Rätselspiele. Verlage erhalten so Zugriff auf das Nutzerverhalten und sind dann in der Lage, passgerechte Werbung zu lancieren.

Allerdings geht das auf Kosten der Privatsphäre. Die Neofonie-Programme auf dem We-Tab, das von Ankershoffen in einem Nebensatz als "trojanisches Pferd" darstellt, zeichnen ein ziemlich genaues Bild vom Nutzer. Für welche Themen interessiert er sich, wie weit liest er einen Artikel, klickt er auf die Fotostrecken und schaut das Video? Als gläserner Konsument wird der Nutzer umgekehrt im Unklaren darüber gelassen, wer alles etwas über ihn erfährt. König ist er wohl schon längst nicht mehr.