Für die Betreuung von Kleinkindern werden Tageseltern händeringend gesucht – es gibt davon zu wenige. Ein Grund dafür könnte die Bezahlung sein. Die Vereine fordern eine Aufbesserung.

Schorndorf - Wenn bei Silke Siegele die Tageskinder zu Gast sind, dann ist in ihrem Haus in Schorndorf-Weiler richtig etwas geboten. Insgesamt fünf Kinder hat die 36-Jährige bei sich aufgenommen, die, auf verschiedene Wochentage verteilt, bei spielen, schlafen und essen. Die ausgebildete Erzieherin macht diese Arbeit engagiert und zuverlässig. Hinzu kommt ein nicht unerheblicher Verwaltungsaufwand: Stundenzettel schreiben und einreichen, Schriftkram mit den Behörden. „Es ist mehr als nur ein Job“, sagt Silke Siegele

 

Tagesmütter wie sie sind sehr begehrt seit es bei Eltern den Trend gibt, bald nach der Geburt zur Arbeitsstelle zurückzukehren. „Wir können nicht mehr alle Anfragen befriedigen“, sagt Heidrun Schild, die Geschäftsführerin des Tageselternvereins Schorndorf und Umgebung, einem der ältesten seiner Art im Rems-Murr-Kreis. Besonders zwei Kommunen im Gebiet des Vereins haben großen Bedarf. Aus Remshalden gebe es gegenwärtig 15 Anfragen, die nicht befriedigt werden können, davon zwölf von Eltern, deren Kinder unter drei Jahre alt sind, sagt Heidrun Schild. Aus Schorndorf gibt es weitere 32 Anfragen, die auf Halde liegen. „Die Situation ist seit geraumer Zeit so“, sagt Heidrun Schild, oft könne sie nur vertrösten. „Es fehlt einfach an Tageseltern“, sagt sie.

Sieben Jahre ohne Erhöhung

Ein Grund dafür, warum nicht mehr Mütter die Tagespflege zum Erwerb machen, könnte aus ihrer Sicht der zu geringe Stundensatz sein. Seit dem Jahr 2009 liegt der Satz im Rems-Murr-Kreis je Kind und Stunde bei 5,50 Euro. Zuvor hatte es lediglich 3,50 Euro gegeben. Damals seien die Jugendämter ins Spiel gekommen, die jetzt die Gelder weiter verteilen, erklärt die Schorndorfer Vereinsvorsitzende Barbara Gantner. Die Ämter übernähmen seither auch zur Hälfte die Sozialversicherungsbeiträge. Das Jugendamt habe sich damals sehr aufgeschlossen für die Vorschläge des Tageselternvereins gezeigt, sagt Gantner.

Nun sind knapp acht Jahre vergangen – und die Entlohnung ist gleich geblieben. Das sei nicht mehr ausreichend, weil man als Tagesmutter etliche zusätzliche Kosten habe, sagt Silke Siegele. Es gelte, davon Essen, Strom und Wasser zu bezahlen – auch sei der Verschleiß an Spielzeug und Mobiliar höher.

Zudem sei ein zusätzlicher Aufwand für die Buchhaltung nötig. Auch können die maximale Zahl von fünf Kindern nur jene Tageseltern aufnehmen, die ein großzügiges Haus haben – was weitere Kosten bedeutet. Bei Siegeles etwa ist ein ganzer Raum unter dem Dachboden zum Spielzimmer umgewidmet worden, manche Tageskinder werden zum Mittagsschlaf in ein Reisebett im Elternschafzimmer gelegt. „Da muss die Familie schon mitmachen“, sagt Silke Siegele.

Auf mehreren Ebenen wird nun über eine Verbesserung der Stundensätze verhandelt. Die Tageelternvereine haben sich an die Kommunen gewandt, von denen einige jetzt ein Zubrot geben: In Plüderhausen wurde de Satz auf freiwillige 6,50 Euro je Stunde aufgestockt, die Stadt Schorndorf gewährt einen einmaligen Zuschuss, weshalb für jede Tagesmutter am Jahresende rund 100 Euro Sonderzahlung fließen. In Waiblingen gab es zuletzt 300 Euro Aufschlag für jede Tagesmutter. Für das Jahr 2017 müsse dieser jedoch neu beschlossen werden, heißt es auf Anfrage. Eine generelle Regelung wäre dem Verein lieber. Der Landesverband der Tageselternvereine verhandelt dazu zurzeit mit den kommunalen Spitzenverbänden. Das Ziel: 7,50 Euro je Kind und Stunde und bereits eine Erhöhung um einen Euro im Jahr 2017. Man sei zuversichtlich, dieses Ziel bald zu erreichen, sagt Christina Metke, die Vorsitzende des Landesverbands Kindertagespflege.

Verhandlungsziel: 7,50 Euro je Stunde

Auch im Landkreis ist man zurzeit am Verhandeln. Der Teilplan für die Tagespflege werde zurzeit fortgeschrieben, heißt es auf Anfrage aus dem Kreishaus. Man wolle die Regelungen „festigen und neu treffen“. Ob es eine Erhöhung der Geldleistung geben werden, bleibe indes abzuwarten. Der Jugendhilfeausschuss Kreistags müsse einer solchen zustimmen.

Die Tagespflege habe für ihn einen hohen Stellenwert, sagt der Landrat Richard Sigel – sie runde vielerorts das Betreuungsangebot ab. Eine Aufstockung stelle jedoch „eine Freiwilligkeitsleitung dar, die von den Gremien angesichts des angespannten Haushalts mitgetragen werden muss“.

Tagespflege in der Region

Stundensatz
Es gibt gegenwärtig keinen Kreis in der Region Stuttgart, der den Tageseltern mehr als 5,50 Euro je Kind und Stunde bezahlt. Die Landeshauptstadt und der Landkreis Göppingen halten sich sogar strikt an die Vorgaben des Kommunalverbands Jugend und Soziales, wonach für Kinder von drei Jahren an nur 4,50 Euro je Stunde entlohnt werden. In den Kreisen Esslingen, Böblingen und Ludwigsburg werden hingegen wie im Rems-Murr-Kreis auch altersunabhängig 5,50 Euro je Stunde berechnet.

Zusatzleistungen
Ein Teil der Kreise erstattet angehenden Tageseltern die Kurse, die sie vor der Tätigkeit belegen müssen. In Esslingen werden beispielsweise 160 Unterrichtseinheiten vom Landkreis finanziert – abzüglich einer Eigenbeteiligung von einem Euro je Einheit.

Besonderheiten
In der Verbreitung der Tagespflegevereine gibt es regionale Unterschiede. Im Kreis Ludwigsburg gibt es gegenwärtig nur einen einzigen Tagespflegeverein in Bietigheim-Bissingen. Laut der Rückmeldung aus den Landratsämtern sind keine Diskussionen über die Höhe des Stundensatzes bekannt.