Weil die Gewerkschaft der Flugsicherung ihren Streik auf dem Frankfurter Flughafen fortsetzt, zieht sie immer mehr Zorn auf sich.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Frankfurt - Minimax-Strategie heißt eine altbekannte Taktik in Tarifkonflikten. Das heißt: mit minimalen Aufwand wird eine größtmögliche Wirkung erzielt. Bisher war von Fluglotsen in diesem Zusammenhang noch nicht die Rede – dabei gelingt es den exakt 184 Vorfeldkontrolleuren am Frankfurter Flughafen wie noch keiner anderen Berufsgruppe zuvor, den Massenbetrieb zu beeinträchtigen.

 

Nach dem siebenstündigen Streik der Vorfeldlotsen, Verkehrsdisponenten, und Flugzeugeinweiser am Donnerstag verschärfte die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) am Freitag mit einem 14-stündigen Ausstand den Druck auf die Arbeitgeber. Und sie kündigte eine weitere Eskalation an. Das Wochenende solle verschont bleiben, um der Gegenseite Zeit zu geben, ihre Position im Tarifstreit zu überdenken, sagte GdF-Tarifvorstand Markus Siebers. Wenn der Flughafenbetreiber Fraport aber nicht einlenke, werde in der neuen Woche „definitiv weitergestreikt“. Die GdF stecke nicht zurück. „Im Zweifel können wir das auch ein paar Wochen weitermachen.“

Bis Freitagnachmittag wurden etwa 290 Flüge gecancelt. Die Fraport AG bemühte sich erneut mit Ersatzleuten – etwa früheren Mitarbeitern, die zuvor in aller Eile eingewiesen worden waren – mindestens 50 Prozent des Flugbetriebs sicherzustellen. Doch die Reaktionen fallen immer wütender aus: „Ohne Rücksicht auf die Passagiere und die Fluggesellschaften beharrt die GdF auf ihren überzogenen Forderungen“, rügte Fraport. Die Gewerkschaft wurde aufgefordert, kompromissbereit zum Verhandlungstisch zurückzukehren. Auf juristische Gegenwehr verzichtet die Fraport bisher – wohl mangels Aussicht auf eine einstweilige Verfügung. „Das Maß aller Dinge ist voll“, klagte stattdessen Ralph Beisel, der Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV. Die Politik müsse einem solchen Treiben ein Ende setzen. In diesem Sinne legte auch Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt nach: „Derartige Auswüchse sind nur möglich, weil das Bundesarbeitsgericht festgestellt hat, dass der Grundsatz der Tarifeinheit gesetzlich nicht geregelt ist und deshalb nicht mehr gilt“, giftete er. Wie bei zahlreichen privaten Regionalbahnen im Vorjahr streike eine Spartengewerkschaft, obwohl für die betroffenen Arbeitnehmer ein Tarifvertrag mit der im Betrieb repräsentativen Gewerkschaft besteht.

Zukunftsvertrag mit Sparmaßnahmen

Gemeint ist Verdi. Deren Experte Gerold Schaub verweist auf den Zukunftsvertrag bei der Fraport, in dem die Beschäftigten Sparmaßnahmen von 24 Millionen Euro akzeptiert hatten. Die 200 Vorfeldlotsen wollten davon acht Millionen zurückholen, rügt er. Einst hat Verdi die Vorfeldkontrolleure vertreten – bis sie zur GdF überliefen. Zwischen Verdi und Fraport herrsche ein „so dicker Filz, dass man ihn mit keinem Messer durchschneiden könne“, keilt die Lotsengewerkschaft zurück.

Laut Fraport strebt die GdF Lohnzuwächse bis zu 73 Prozent an. Demnach soll das Jahresgehalt eines Vorfeldaufsehers um 45 Prozent auf 60.700 Euro steigen; hinzu kommen zehn Prozent höhere Zulagen und eine um neun Prozent verminderte Arbeitszeit. Ein Senior-Vorfeldlotse erhielte sogar ein Jahresgehalt von 86.700 Euro. Der Appell von Fraport-Betriebsratschefin Claudia Amier an die GdF, die Forderungen zu senken, wird unterstützt vom Vorsitzenden der Komba-Gewerkschaft am Flughafen Stuttgart, Markus Kohler. „Die Forderung nach 70 Prozent mehr Gehalt entbehrt jeglicher Grundlage“, sagte er der StZ. Das Gebaren zerstöre die Glaubwürdigkeit der Gewerkschaften. „In aller Deutlichkeit“ distanziere er sich von der GdF. „Ihr Vorgehen verletzt auf eklatante Weise das Solidaritätsprinzip.“