So lange die Tarifpartner weiter auf Hochtouren verhandeln, stehen die Zeichen bei der Post noch auf Streik. Liegengebliebene Post soll daher wieder in einer Extra-Schicht am Sonntag austragen werden. Die Landesregierung sieht den Einsatz kritisch.

Stuttgart - Der Postmann könnte auch an diesem Sonntag wieder mancherorts im Südwesten klingeln. „Wir planen am Wochenende aufgrund der andauernden von Verdi initiierten Streiks punktuell in wenigen Regionen eine Sonntagszustellung, um unseren Kunden eine zeitnahe Zustellung ihrer Sendungen zu gewährleisten“, sagte ein Postsprecher am Freitag in Stuttgart.

 

Der Einsatz am Wochenende wird von der Landesregierung kritisch gesehen. „Das Sozialministerium vertritt ganz klar die Auffassung, dass Sonntagsarbeit zum Ausgleich von Streikfolgen nicht zulässig ist“, sagte ein Sprecher. „Wir haben auch deutlich gemacht, dass Verstößen nachgegangen werden muss.“ Sanktionen wie Anordnungen oder Bußgelder seien gegebenenfalls zu prüfen.

Die Post stuft sich selbst als „Verkehrsbetrieb“ ein und beruft sich darauf, dass wie beim Transport von verderblichen Waren Sonderregelungen vom Sonntagsarbeitsverbot gelten können. Das Sozialministerium hat deshalb dem Sprecher zufolge das Ministerium in Nordrhein-Westfalen gebeten, seine Rechtsauffassung zu dieser Frage darzulegen, um eine einheitliche Haltung herbeizuführen. In Bonn hat die Post ihren Firmensitz. Für das bayerische Arbeitsministerium beispielsweise waren die Sonntagseinsätze kein Problem.

Der Bitte aus Stuttgart sei zunächst nicht entsprochen worden, so der Sprecher. Vor diesem Hintergrund gelte für den Südwesten: Sonntagsarbeit zur Beseitigung von Streikfolgen sei nicht zulässig. Soweit die Post als „Verkehrsbetrieb“ anzusehen sei, müsse sie keinen Antrag für die Sonntagsarbeit stellen. Die Aufsichtsbehörden seien aber verpflichtet, aktiv zu werden, wenn Verstöße gemeldet werden.

Ferner müsse die Post nachweisen, warum diese Arbeiten nicht an Werktagen oder durch Einsatz freiwilliger Helfer erbracht werden könnten und dass die Verschiebung der Sonntagsarbeit unverhältnismäßige wirtschaftliche und soziale Nachteile zur Folge hätte. Auch die Gewerkschaft Verdi hatte Zweifel an der Argumentation der Post angemeldet.

Die Gespräche in dem Tarifkonflikt waren am Freitag fortgesetzt worden. Die Verhandlungen in Bad Neuenahr-Ahrweiler (Rheinland-Pfalz) werden nach den Erwartungen der Teilnehmer wahrscheinlich auch den Samstag in Anspruch nehmen. Verdi fordert eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich sowie 5,5 Prozent mehr Geld. Mit der Arbeitszeitverkürzung will Verdi einen Ausgleich schaffen für die Gründung von schlechter bezahlten Paketgesellschaften bei der Post, in denen derzeit bereits rund 6000 Menschen arbeiten.

Von dem am 8. Juni gestarteten unbefristeten Streik sind inzwischen alle vier Paketzenten und die elf Briefzentren im Südwesten betroffen. Laut Verdi befinden sich rund 4200 Post-Beschäftigte im Ausstand. Die Post beziffert den Anteil der verspätet ausgelieferten Briefe und Pakete auf 20 Prozent - bei großen regionalen Unterschieden. Am Samstag will die Gewerkschaft wieder eine Demonstration und Kundgebung organisieren, diesmal in Karlsruhe. „Wir streiken so lange, bis ein einigungsfähiges Angebot der Post vorliegt“, sagte der Bereichsleiter Postdienste bei Verdi, Andreas Henze.