Thiel und Boerene ermitteln gewohnt unterhaltsam und skurril. Der „Tatort“ aus Münster war so schräg, dass man fast in den Abgrund rutschte.

Münster - So langsam beginnt der "Tatort" aus Münster in puncto Skurrilität die alte österreichische, natürlich längst eingestellte Kultserie "Kottan ermittelt" einzuholen. Diesmal standen die Hobbys der Protagonisten im Vordergrund - oder besser: das, was die Beteiligten am liebsten tun würden, hielten sie Mord und Totschlag nicht dauernd davon ab.

 

Vater Thiel also entpuppt sich als passionierter Nachtfischer, der nur leider dauernd Leichenteile entdeckt. Kommissar Thiel (Axel Prahl) möchte eigentlich nur St. Pauli gegen Bayern gucken, mit Schal vorm Fernseher, und sein kongenialer Ermittlungspartner, der Gerichtsmediziner Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers), übt vorzugsweise seine Preisrede vor dem Spiegel. Auch das Mordopfer, Susanne Clemens, wäre lieber mit dem Motorrad durch Amerika gebraust, als im Tennisverein nach dem Rechten zu sehen.

Das richtige Leben im falschen oder andersrum

In diesem Tennisverein bereitet sich die junge Nadine Petri (Anna Bullard) auf ihre Weltkarriere vor, und alles könnte so einfach sein, hätten ihr die Drehbuchautoren nicht ein sozial herausforderndes Minderheitenproblem in den Leib geschrieben. Dort befinden sich nämlich Hoden statt Eierstöcke - und das bedeutet ganz schön viel Erpressungspotenzial im Umfeld des angehenden Tennisstars.

Doch nicht Intersexualität ist das Thema dieses "Tatorts", sondern, viel allgemeiner, das richtige Leben im falschen oder andersrum. Also beispielsweise Ermitteln statt St.-Pauli-Gucken. Doch schon die hochkarätige Schlaubergercomedy des Ermittlerduos Thiel & Boerne sorgt dafür, dass die bestens unterhaltenen Fernsehzuschauer trotz des alles in Frage stellenden Überbaus dieses "Tatorts" am nächsten Morgen wieder brav zur Arbeit gehen. Selten war es so egal, wer der Mörder ist.wer

Tatort: Zwischen den Ohren (ARD)