Sie haben den Techno vor 25 Jahren im große Stil nach Stuttgart gebracht und werden bis heute nicht müde, das Partyvolk mit neuen Ideen zu überraschen: Das Ehepaar Renée und Jürgen Heyl haben die Techno-Bunker-Partys 1992 erfunden. Nun soll es im Perkins Park weitergehen.

Stuttgart - Sie leben den Techno wie kaum ein anderes Stuttgarter Paar: Renée und Jürgen Heyl aus Stuttgart-Untertürkheim sind dem Musikstil, seitdem es ihn gibt, verfallen. Und das haben sie auch in Stuttgart ordentlich ausgelebt: Mit illegalen Techno-Bunker-Partys, die im Jahr 1992 legendär waren.

 

„Es gab einfach zu dieser Zeit kaum Clubs in Stuttgart, die Techno gespielt haben“, erklärt Renée Heyl. Ihr damaliger guter Freund Jürgen, der von Beruf Tontechniker ist, war im Jahr 1992 Mieter in einem Bunker des Zweiten Weltkriegs in der Stuttgarter Innenstadt. Dort probte er mit seiner Band „Taste of Champagne“, einer Soul-und-Funk-Gruppe. „Unsere Vermieterin hat uns den Mietvertrag allerdings gekündigt und wir mussten Ende Februar raus“, erzählt der heute 53-Jährige.

Da 1992 ein Schaltjahr war, kam Heyl eine Idee: den 29. Februar wollten die Mieter noch nutzen, „mit einer illegalen Bunker-Party, bei der auch Techno gespielt wird.“ In einer Hau-Ruck-Aktion organisierten die beiden mit einer Handvoll weiterer Mitstreiter die illegale Fete.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bekam Wind davon und berichtete bereits 1992 von dem Phänomen. Heimtückischer Virus, der die Menschen befällt, ekstatisches Zappeln auf schnelle Beats, die alles bisher Gehörte in Frage stellen: So wurde zu Beginn der Techno-Mania der Musikstil beschrieben, wie in diesem Video des SWR:

Michi Beck wurde ausgebuht

In Zeiten von Facebook sind solche Partys schnell organisiert. Nicht so im Jahr 1992: „Wir haben kleine Zettel gedruckt und diese unter der Hand in Stuttgart verteilt“, berichtet Renée Heyl. Der Bunker gegenüber dem Gymnasium West wurde dadurch für eine Nacht zur Szene-Hochburg. Viele DJs aus dem Kessel machten mit: „Michi Beck von den Fantastischen Vier legte Musik auf. Er wurde allerdings ausgebuht – die Leute wollten Techno hören“, sagt Heyl und lacht. Doch die Party kam erst bei den harten Beats der anderen DJs in Schwung. „Wir hätten nie gedacht, dass diese Feier so ein Erfolg wird“, sagt die heute 50-Jährige.

Etwa 2500 Feierwütige waren am 29. Februar 1992 bei der ersten, illegalen Party dabei. „Damals war die Polizei mit solchen Formaten noch nicht so vertraut – es war so überfüllt, dass selbst der SWR mit seinen Übertragungswagen vor Ort nicht mehr wegfahren konnte“, erzählt Heyl.

Nach einem Jahr war Schluss

Danach waren die Stuttgarter angefixt vom Techno-Sound und dem neuen Party-Konzept namens „Techno-Hochburg-Stuttgart“. Doch die Feiern fanden ein jähes Ende: „Ich wollte im Jahr 1993 studieren und bin ohne groß Bescheid zu sagen aus Stuttgart fortgezogen“, erzählt Renée Heyl. Denn ohne Renée wollte Jürgen Heyl nicht weitermachen. Der Techno blieb trotzdem eine Konstante im Leben beider.

Vor drei Jahren haben sich die beiden wieder getroffen. „Ich habe Jürgen per E-Mail angeschrieben, weil ich Tontechnik für eine Veranstaltung benötigt habe.“ Seitdem sind sie ein Paar. Ganz im Stile der Techno-Partys war auch ihre Hochzeit in Stuttgart ein Großevent mit verkleidetem Partyvolk.

Die beiden sind davon überzeugt, dass die Stuttgarter Szene auch heute noch gerne Techno hört. Und so werden sie nicht müde, weitere Events zu planen. „Vor zwei Jahren haben wir die Black Pearl gebaut – eine Musikanlage mit DJ-Pult, die aus mehreren aufeinander gestapelten Lautsprechern und Verstärkern besteht“, erklärt der Tontechniker Jürgen Heyl. Diese Anlage sollte im Jahr 2015 einen ordentlichen zweiten Geburtstag feiern – mit einer erneuten, illegalen Party. „Wir haben uns ein Brachgelände der Deutschen Bahn im Oberen Schlossgarten ausgesucht, das wir vorher gesäubert haben“, sagt die 50-Jährige.

Wasserkanonen zum Abkühlen

Über Facebook wurde die Techno-Party angekündigt, 4000 Feierwütige kamen. Bei Temperaturen über 30 Grad Celsius setzten die Veranstalter Wasserkanonen ein, um die Tanzenden abzukühlen. „Es war unvergesslich schön“, schildert Heyl. Aber: „Wir hatten Angst, dass die Polizei die Veranstaltung verbieten könnte“, berichtet er.

Als die Beamten anrückten, half eine Notlüge, damit die Techno-Party weitergehen konnte: „Ich habe schnell auf dem Handy nach einem Namen bei der Deutschen Bahn gegoogelt und habe Volker Kefer gefunden“, sagt Renée Heyl verschmitzt. Den Beamten habe sie dann erzählt, dass Kefer, immerhin Vorstandsvorsitzender der Bahn, ihr Onkel sei und die Party genehmigt habe. Daraufhin konnte die Feier weitergehen. „Kefer erhielt von uns im Anschluss eine E-Mail mit Bildern von der Feier und einem Dankesgruß“, sagt Jürgen Heyl und lacht dabei. Eine Antwort haben sie leider nie erhalten.

Verein mit technoider Ertüchtigung

Doch damit nicht genug: Der von den Heyls gegründete Verein zur Erhaltung der Freude am Tanzen bringt regelmäßig mehr als 100 Vereinsmitglieder zusammen. Dann werde technoide Ertüchtigung zelebriert. „Wir bringen mit dem gemeinsamen Tanzen Generationen zusammen und jeder darf bei uns sein, wie er ist“, sagt Heyl.

Um das auch wieder in der Öffentlichkeit leben zu können, haben die beiden ein Konzept im Perkins Park entwickelt. Jeden Donnerstag steigt dort nun eine After Work Party mit Techno-Sound. Mehrere Dancefloors, die eine Zeitreise durch die Musikstile ermöglichen sollen, werden von den DJs bespielt.

Die nächste Party im Perkins Park in Stuttgart findet am Donnerstag, 2. Juni, von 18 bis 22 Uhr statt. Das Motto lautet: „Techno Love Park – Let’s Rumble“. Zur Veranstaltung auf Facebook geht es hier entlang.