Der Kanadier Justin Bieber ist 16 - und dank Youtube auch für deutsche Teenager ein Superstar.

Stuttgart - Die Geschichte von Justin Bieber fängt mit ganz viel Glück an. Ein kanadischer Junge tut, was Tausende andere auch tun: Er singt gern, und er filmt sich dabei. Die verwackelten Videos seiner Coverversionen stellt er bei Youtube ein, zu all dem dilettantischen Schrott, der dort herumfährt. Aber er fällt auf. Seine Videos werden auf dem Internetportal millionenfach geklickt. Und dann entdecken ihn zwei ziemlich große Nummern der Musikbranche: Usher und Justin Timberlake. Beide bieten ihm einen Plattenvertrag an. Bieber, erst 14 Jahre alt, entscheidet sich für Usher. Hätte er Timberlake zugesagt, wäre die Geschichte vermutlich genau gleich weitergegangen.

Justin Bieber ist jetzt selbst eine große Nummer. Gerade 16 geworden und das Idol von Millionen von Teenagern zwischen Japan und den USA. In Deutschland ist er so begehrt wie bis vor kurzem noch Tokio Hotel. Mädchen reißen sich um seine Platten und Autogramme, weil sie ihn süß finden. Und fallen bei seinen Konzerten reihenweise in Ohnmacht.

Das alles lässt sich erklären.


Wurzeln:
Justin Bieber ist einer von ihnen. Ein Junge aus einfachem Haus, der gern mit dem Skateboard über die Straßen kurvt, seinen Spaniel Gassi führt, auf Eishockey und Basketball steht und auf seinem MP3-Player Lieder von Taylor Swift, den Kings of Leon und Beyoncé hört. Er wurde im März 1994 im kanadischen Stratford, Ontario, geboren, Luxus konnte sich die Familie nie leisten. Auch deshalb sagt Bieber auf die Frage, was er mit seinem ersten eigenen Geld mache, er wolle seiner Mama Pattie endlich ein eigenes Haus kaufen. Starallüren: noch keine.

Stil:
Biebers lässig-braver Skaterlook ist zu seinem Markenzeichen geworden. Pflicht sind ein Kapuzenpulli oder ein cool aufgeknöpftes Hemd und an den Füßen Chucks oder Vans, am liebsten in Lila oder Grau. Sein Gesicht wirkt so zart wie das des Jungen aus der Werbung für Milchschokolade, und sein Pilzkopf mit dem Pony bis tief in die Stirn macht aus ihm einen niedlichen Sunnyboy. Sein Saubermannimage pflegt er bis ins Detail: Er trägt an der Hand einen Ring, den Jugendmagazine als "Purity Ring" identifizieren. Dieser Schmuck ist bei Jungstars gerade schwer angesagt und bedeutet: kein Sex vor der Ehe.

Musik:
Tatsächlich kommt es auch auf die Musik an. Justin Biebers Alben, "My World" und "My World 2.0" (in Deutschland sind beide zusammen als "My Worlds" erhältlich), ist eingängiger R-'n'-B-Dancepop, eine Mischung aus Lady Gaga und New Kids on the Block. Man hört aber auch deutliche Einflüsse von Michael Jackson. Die Alben sind höchst professionell produziert, vor allem die neueren Songs wie "Somebody to love" und "Never let you go". Was alle Titel eint: Sie sind erstens harmlose Tanz- und Schmachtlieder, zweitens Ohrwürmer und drittens auf der Bühne darstellbar in bestem Boygroup-Habitus.

Texte:
Es klingt ziemlich unglaubwürdig, wenn dieser 16-jährige Bub von der großen Liebe singt. Heraus kommen kitschige Verse wie dieser: "I'll be your one guy, you'll be my number one girl, girl I love you." Oder: "I wait on you forever." Aber es ist genau das, was Mädchen hören wollen, die gerade die rosa Phase hinter sich gelassen haben. Eine Zeile in seinem Hit "Baby" wiederholt Bieber endlos: "Baby, baby, baby, ooh like baby, baby, baby." Nicht sehr originell, aber wirksam.

Talent:
Dass man mit knapp 17 zum Superstar werden kann, ohne Töne zu treffen, hat uns Britney Spears gelehrt. Der junge Kanadier hat mehr zu bieten. Er spielt vier Instrumente - Schlagzeug, Klavier, Gitarre und Trompete - und hat eine zarte, aber schon sehr feste Stimme. Deshalb könnte er tatsächlich eine Zukunft im Popgeschäft haben, später, wenn er Musik nicht mehr für Teenager macht, die ihre Idole ohnehin schnell austauschen. An Weihnachten sang er immerhin schon bei Barack Obama im Weißen Haus den Klassiker "We are the World" - zusammen mit Barbra Streisand und Mary J. Blige.

Mentoren:
Was wäre Justin Bieber ohne seine prominenten Unterstützer? Sicher nicht ganz so erfolgreich, denn Usher, der selbst beliebt ist bei Teenagern, trägt mit Aussagen wie diesen erheblich zu Biebers Popularität bei: "Seine Stimme ist magisch und seine Persönlichkeit sehr stark." Bieber wiederum schreibt im CD-Booklet über den Rapper: "Du bist ein Held, ein Mentor, ein Vorbild und ein Freund." In dem Lied "Baby" steuert Ludacris einige Zeilen bei. Und Justin Timberlake wird garantiert auch irgendwann auftauchen.

Hype:
Fans von Justin Bieber nennen sich Biebettes. Sie informieren sich über unzählige Foren und Fanseiten im Internet und natürlich über die "Bravo". Die weiß alles: Wie "der Superboy tickt", was er am liebsten isst (Pasta!) und dass er schon einmal per SMS mit einem Mädchen Schluss gemacht hat. Um solche Fragen geht es, schließlich wollen Teenager heute keine Promis mit Luxuslimousinen als Stars, sondern Gleichgesinnte mit ganz normalen Problemen, wie der "Bravo"-Redakteur Alexander Gernandt kürzlich im "SZ"-Magazin erklärt hat. Der Rummel um Bieber steht kurz vor seinem Höhepunkt: Im Sommer startet er eine Tournee durch drei Dutzend nordamerikanische Städte. Ende August wird er auch in New York auftreten - im legendären Madison Square Garden. Die deutschen Biebettes sind kaum zu beruhigen, seit Bieber Anfang März bei "The Dome" in Berlin gesungen hat. Seit Wochen gibt es nur ein Thema: Kommt er auch am 20. Mai zum "Dome" nun auch nach Stuttgart? Wenn ja, dann herrscht an diesem Tag Ausnahmezustand rund um die Schleyerhalle.