Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Darf ein Soldat Herr über Leben und Tod spielen? Wenn es ausschließlich mit Terroristen zu tun hat, ist es seine Aufgabe, den Gegner nach den ihm vorgegebenen Regeln unschädlich zu machen. Wenn er dabei aber einkalkuliert, gleichzeitig viele weitere Menschen zu töten, überschreitet er seine Kompetenzen. Diese Opfer dürfen auch nicht Objekte des Waffeneinsatzes sein, denn dann würden sie vom Staat entmenschlicht. Ihnen würde vielmehr aus einem niederen Grund bewusst das Recht auf Leben genommen. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, heißt es in Artikel eins des Grundgesetzes.

 

Die Opfer und ihre Angehörigen nicht verhöhnen

Das Leben eines Unschuldigen ist nicht gegen das Leben eines anderen aufzuwiegen. Da darf es auch keine Zahlenspiele geben: ob später mehr Opfer zu beklagen wären. Eine genaue Folgenabschätzung vermag ein Kampfjetpilot in so einer zugespitzten Notlage nicht zu leisten. Er müsste viele Fragen sofort beantworten können: Gibt der Terrorist doch noch auf? Haben die Besatzungsmitglieder und Passagiere eine Chance, ihn zu überwältigen? Lässt sich das Stadion zeitig evakuieren? Sterben beim Terrorakt zwangsläufig Tausende Zuschauer? Dies alles kann der Pilot nicht ermessen. Folglich muss, wenn er die Rakete ausklinkt, am Ende der Schuldspruch stehen – auch wenn damit nichts über das Strafmaß ausgesagt ist, denn ein Massenmörder ist anders zu behandeln als ein Soldat, der einen Notstand abwenden will.

Somit gilt die Bewertung juristisch wie moralisch und ethisch: Wenn sich der Pilot für den Abschuss entscheidet, dann muss er auch zu seiner Verantwortung stehen. Wer ihn auch noch als Helden feiert, verhöhnt erst recht die Opfer und deren Angehörige. (Matthias Schiermeyer)