Durch die Aussage des Polizeibeamten, der die Ermittlungen gegen den mutmaßlichen Dschihadisten  aus Stuttgart leitete, wird klar: Der Mann, der sich als völlig harmlos darstellt, hatte gute Kontakte in die Salafistenszene.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Auskunftsfreudig, eloquent, gewandt und vor allem eines: unschuldig – so hat sich der 24 Jahre alte Hauptbeschuldigte Ismail I. an den ersten Prozesstagen präsentiert. Ihm wird vorgeworfen, militärische Ausrüstung besorgt zu haben, um in Syrien mit einer Untergruppe der Terrormiliz IS in den Kampf ziehen zu wollen.  Doch ganz so harmlos, wie er sich darstellte, war er wohl nicht. Das  war am dritten Prozesstag der Aussage des Polizeibeamten im Zeugenstand zu entnehmen, der die Ermittlungen geleitet hatte. Ismail I. wurde vor einem Jahr auf der Fahrt nach Syrien festgenommen. Er kam nur bis zur Autobahnraststätte Gruibingen, wo die Stuttgarter Polizei seinen Weg in den Dschihad stoppte. Im Gepäck hatte er eine Ausrüstung im Wert von rund  5700 Euro. 

 

Die Staatsschutzabteilung der Stuttgarter Polizei könne Ismail I. Kontakte zu dem Salafisten Sven Lau nachweisen, der als ein enger Vertrauter des Predigers Pierre Vogel gilt. Lau soll den Feuerbacher bei einer Pilgerreise nach Mekka kennen gelernt haben. Aufgrund der Auswertung zahlreicher Kurznachrichten auf dem Smartphone des Angeklagten kann die Polizei belegen, dass der 24-Jährige sich mit Lau über seine Pläne, nach Syrien zu gehen und dort zu kämpfen, ausgetauscht hatte. Nach der Rückkehr aus Saudi Arabien soll er an Lau geschrieben haben „Ich bin soweit“.

Im August 2013 soll es in Mönchengladbach in der Wohnung des Mitangeklagten Mohammed A. zu einem Treffen gekommen sein, bei dem Sven Lau, Ismail I., Mohammed A. und drei weitere, der Polizei bekannte Personen anwesend waren. An jenem Tag, an dem das Treffen der sechs durch ein Gruppenfoto auf einem Smartphone belegt ist, soll Sven Lau ein Video aufgezeichnet haben, in dem er über einen Giftgasanschlag in Syrien spreche, so der Kriminaloberkommissar.

Aus Mekka kehrt Ismail I. radikalisiert zurück

Als Ismail I., radikalisiert durch die Pilgerreise und die dort geknüpften Kontakte, im Herbst 2013 in Syrien war, soll der Mönchengladbacher Prediger Lau ihn dort besucht haben. Dabei habe er Geld übergeben, das der ebenfalls angeklagte Bruder Ismails, Ezzedine I., über einen Schwager im Libanon geschickt haben soll. Gegen Lau war im Zuge des Verfahrens gegen Ismail I. ebenfalls ermittelt worden. Er soll Deutsche für den Militärdienst in einer ausländischen Organisation angeworben haben – wie Ismail I. zum Beispiel.

Der Feuerbacher ist nicht der einzige, der in dem Verfahren nicht müde wird, seine Unschuld zu beteuern. Sein 34 Jahre alter Bruder Ezzedine I. tut es ihm gleich. Er habe seinem Bruder lediglich Geld geschickt, um ihn zu ködern und zurück nach Deutschland zu locken. Er habe so getan, als denke die Mutter, Ismail I. wolle nur nach Istanbul fahren – und nicht weiter nach Syrien. Er habe ihn nach seiner Rückkehr aus Saudi Arabien von der Pilgerfahrt gebeten, den langen Bart abzunehmen, weil Ismail so nicht zur Arbeit gehen könne. Als der kleine Bruder im Sommer 2013 zum ersten Mal nach Syrien aufgebrochen war, habe er gedacht, er würde Brot, Süßigkeiten und Spielzeug verteilen, ließ Ezzedine seine Anwälte für sich erklären.

Später habe Ismail durchblicken lassen, dass er bei einem Militärtraining gewesen sei. Da wollte er Geld von seinem Bruder, weil er sich zurück in die Türkei schleusen lassen wollte. Viel Geld war auch im Spiel, als Ismail I. im November 2013 aufflog. Die Polizei schaute ihm bei seinen Einkäufen quasi über die Schulter. Ein Verkäufer eines Waffenhändlers hatte sich bei der Polizei gemeldet, weil ihm die Nachfrage nach Nachtsichtgeräten komisch vorkam. Der Ermittlungsleiter stand im Geschäft neben Ismail I., als er die Waren abholte.

Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.