In der Cannstatter Lutherkirche wird „Play Luther“ aufgeführt. Das musikalische Theaterstück zeigt zum Reformationsjubiläum die Menschlichkeit des berühmten Kirchenmannes.

Bad Cannstatt - Eine Fußspitze der von Emil Kiemlen geschaffenen Statue ragt schon über den Sockel hinaus. Am Donnerstag, 11. Mai, soll Luther nach 117 Jahren von seinem Sockel neben dem Altar in der Lutherkirche geholt werden – sinnbildlich zumindest. Play Luther heißt das musikalische Theaterstück, das Lukas Ullrich und Till Florian Beyerbach an diesem Abend in Bad Cannstatt aufführen.

 

„Das Stück ist kantig, derb und widerborstig und passt perfekt zu Martin Luther, weil es dessen Menschlichkeit auf die Bühne bringt“, sagt Ulrich Dreesman, der Pfarrer der Cannstatter Lutherkirche. Das ist ein Arbeitsplatz, auf den er stolz ist, hat er sich doch nicht erst mit dem Namenspatron seiner Kirche beschäftigt, als er nach Bad Cannstatt kam: „Martin Luther ist für jeden evangelischen Theologen faszinierend, egal welcher Couleur.“ Alle beziehen sich auf den Reformator, dessen Bandbreite und Mut ihn zu einer faszinierenden Persönlichkeit machen: „Es hat schon seine Zeitgenossen überzeugt, wie Martin Luther gegen alle Stellen seinem Gewissen gefolgt ist, trotz aller damit für ihn verbundenen persönlichen Risiken.“

Menschlichkeit des Reformators auf die Bühne bringen

Für Dreesman ist Luther auch persönliche Inspiration: „Ein Aha-Erlebnis für mich war seine zentrale Einsicht, zu begreifen, dass jeder Christ, der in der Mitte seines Glaubens steht, unabhängig von seiner Leistung ein geliebtes Kind Gottes ist.“ Trotz aller Faszination könne man sich mit Martin Luther auch schlagen. „Seine politischen Schriften über Juden oder Türken, die später auch von den Nationalsozialisten missbraucht wurden, enthalten Einschätzungen, die man so nicht mehr teilen kann“, erklärt der Pfarrer.

Genau deshalb passe Play Luther zu seinem Lutherbild. Im Theaterstück werde nichts beschönigt, Luther als Mensch dargestellt. Dazu gehöre auch dessen Musikalität: „Martin Luther war hochmusikalisch, spielte Laute, sang und war gewissermaßen der Erfinder des Kirchenlieds“, erzählt Dreesman. So wie Luther seinerzeit aus Gassenhauern durch neue Texte Kirchenlieder gemacht hat, versehen die Künstler Luthers Songs heute mit neuen Sounds von Ramstein bis Elektropop. Denn auch in der Kirche darf man polarisieren. Weitere Veranstaltungen sind zum 500-Jahr-Reformationsjubiläum geplant. So gibt es nicht nur eine gemeinsame Veranstaltung mit der benachbarten Martin-Luther-Schule, bei der Schüler das Leben des Kirchenmannes szenisch darstellen, sondern auch ein Tauffest im Oktober sowie – pünktlich zum Reformationstag – die Einweihung der sanierten Orgel.