Sprunggelenkszentren gibt es nur wenige in Baden-Württemberg. Eines davon am Klinikum Stuttgart. Doch wann ist ein künstlicher Gelenkersatz für das Sprungelenk möglich und sogar von Vorteil?

Jährlich werden in Deutschland zirka 350.000 Hüft- und Knieendoprothesen, aber nur rund 1000 Sprunggelenksendoprothesen eingesetzt. Dies geschieht vor allem in Fuß- und Sprunggelenkszentren wie jenem am Klinikum Stuttgart. Das „EndoProthetikZentrum Klinikum Stuttgart“ ist dabei eines von derzeit nur drei nach der Deutschen Assoziation für Fuß- und Sprunggelenk (D.A.F.) zertifizierten Zentren in Baden-Württemberg.

 

„Erst in den letzten Jahren wurden Möglichkeiten entwickelt, Sprunggelenksprothesen zu revidieren und zu wechseln“, sagt Dr. Patrik Reize, Leiter des Fuß- und Spunggelenkszentrums am Klinikum Stuttgart. Die Sprunggelenksendoprothetik ist damit im Vergleich zur Endoprothetik des Hüft- und Kniegelenks relativ neu. Das Wissen unter den Betroffenen, wann ein künstlicher Gelenkersatz für das Sprungelenk möglich und sogar von Vorteil ist, noch nicht weit verbreitet. Die Patienten fragen diese spezielle Operation deshalb generell wenig nach. Dies gelte auch für Ärzte, sagt Reize.

Patienten kommen nach Unfall oder mit Gelenkerkrankungen

Das obere Sprunggelenk ist die Schnittstelle zwischen Körper und Fuß und dient dem Heben und Senken des Fußes. Aufgrund der starken Belastung und der großen Übertragung von Kräften auf eine kleine Fläche wird das obere Sprunggelenk stark beansprucht. Durch den speziellen Aufbau und die speziellen zellulären Eigenschaften des Sprunggelenksknorpels hält dieser jedoch lange dem Verschleiß stand. Die Patienten kommen meistens nach Unfällen mit komplexen Verletzungen der Knochen und der Weichteile ins Klinikum Stuttgart. Oder es handelt sich um Patienten mit entzündlichen Gelenkerkrankungen wie chronische Polyarthritis oder Psoriasisarthritis, mit Problemen nach Knocheninfarkten oder Infektionen. Die Anatomie ist häufig komplex zerstört. Vielfach hat der Weichteilmantel gelitten oder es bestehen zusätzliche Durchblutungsstörungen.

Versteifung des Gelenks bislang gängige Methode

„Mangels tauglicher Alternative war jahrzehntelang die Arthrodese, also die Versteifung des Gelenks, Mittel der Wahl zur Behandlung“, weiß Patrik Reize. Seit den 1970er Jahren wurde dann zunehmend versucht, die Beweglichkeit des Sprunggelenks zu erhalten. Die Anfänge der Sprunggelenksendoprothetik zeigten hohe Lockerungsraten. Nicht immer konnte der Gangablauf normalisiert werden, die klinischen Ergebnisse waren teilweise enttäuschend.

Prothese fürs Sprunggelenk oft die bessere Alternative

Im Laufe der Zeit wurden jedoch neue Prothesengenerationen entwickelt, Designfehler der Implantate ausgemerzt, die Knochenresektion wurde verkleinert. „Durch Forschung und neuere Instrumente konnte die Positionierung des Implantats deutlich verbessert werden, so dass eine Sprunggelenksprothese gegenüber einer Gelenkversteifung heute für Patienten vorteilhaft sein kann“, erklärt Patrik Reize.

Funktion der Prothese mittlerweile auf hohem Niveau

Mittlerweile sind Prothesen verfügbar, die ein weitestgehend anatomisches Design haben und mit minimalen Knochenentfernungen einhergehen. Durch verbesserte Planungsmöglichkeiten, Schablonen und Computernavigation gelingt es die Prothesen so zu platzieren, dass sie bestmöglich funktionieren. Dabei bestehen die Prothesen aus drei Komponenten, einem Ersatz der Schienbeingelenkfläche, einem Ersatz der Sprungbeingelenksfläche und einem fixierten oder mobilen Kunststoffgleitkern. Obwohl gemessen am Anteil der Hüft- und Knieversorgung der Anteil der Sprunggelenksendoprothesen immer noch gering ist, steigen deshalb die Implantationszahlen an.

Prothese besonders bei Arthritis und Arthrose zu empfehlen

Besonders gut ist eine Sprunggelenksendoprothese geeignet für Patienten mit rheumatoider Arthritis und guter Knochensubstanz oder für Arthrosepatienten im fortgeschrittenen Alter, die weiter aktiv bleiben wollen. Besonders wenn bereits Arthrosen in angrenzenden Fußgelenken vorhanden sind oder eine Arthrose auf der Gegenseite vorliegt, bewährt sich die Sprunggelenksendoprothese. Auch junge Patienten mit posttraumatischer Arthrose können behandelt werden. „Bei Charcotgelenken oder ausgeprägten Fehlstellungen und Gelenkinstabilitäten, die nicht ausgleichbar sind, sind Endoprothesen weniger geeignet“, sagt Patrik Reize. Wichtig sei, dass der Patient über die verschiedenen Möglichkeiten gut informiert werde und überzeugt ist, den richtigen Weg zu gehen. Hierfür bietet das Sprunggelenkszentrum des Klinikum Stuttgart ausführliche Beratungen und Zweitmeinungen an.

Medizinische Rehabilitation: Patienten mit Prothese schnell wieder mobil

Während bei einer Versteifung das Gelenk in der Regel zwölf Wochen entlastet werden muss, sollen Patienten mit Sprunggelenksendoprothese bereits in den ersten Tagen nach der Operation den Fuß schon wieder voll belasten und an ihrer Mobilität arbeiten. Innerhalb weniger Tage erfolgt der Wechsel vom Krankenhaus in ein Rehazentrum. Patrik Reize: „Man kann also sagen, dass Patienten, die sich für eine Sprunggelenksendoprothese entscheiden, schneller wieder mobil und fit sind als Arthrodesenpatienten, bei denen das Gelenk versteift wird.“


EndoProthetikZentrum Klinikum Stuttgart

Das mehrfach erfolgreich rezertifizierte EndoProthetikZentrum des Klinikums Stuttgart befindet sich am Standort Mitte in Nähe des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Der gerade eröffnete Neubau bietet eine hochmoderne Infrastruktur und ist mit innovativer Medizintechnik ausgerüstet. Hier finden sich auch für die kompliziertesten Fälle alle relevanten Abteilungen unter einem Dach; Anästhesiologie, Schmerztherapie, Kardiologie, Innere Medizin betreiben die Nachbarstationen. Eine der größten und modernsten Intensivabteilungen des Landes betreut in erforderlicher Weise die Patienten im gleichen Haus.

Für Gelenkprobleme, seien diese etwa durch Arthrose, Rheuma oder einen Unfall verursacht, wird das ganze Spektrum der konservativen und operativen Medizin bereitgehalten. Vor einer Ersatzoperation mit einem Gelenkersatz werden immer konservative und weniger invasive operative Maßnahmen überprüft. Sollte der Patient schon mit einem Gelenkersatz versorgt sein und dieser noch Probleme bereiten, wie zum Beispiel ein Steifheitsgefühl, Schmerzen oder Schwellungszustände, versuchen die Experten des EndoProthetikZentrum mit den anderen Fachabteilungen des Hauses eine Lösung zu finden. Auch eine ärztliche Zweitmeinung kann im Zentrum eingeholt werden.