Nach dem Krieg wird nichtsdestotrotz eine hitzige Debatte über das Für und Wider der Emigration ausbrechen. „Wir seien nicht in der Lage zu urteilen“, berichtet Klaus Mann seinem Vater nach Kriegsende über Stimmen von jenen Menschen aus dem zerstörten Deutschland, die im Land geblieben waren. „Sie hätten versucht, gewisse Reste der großen deutschen Tradition zu retten“, meinten sie. Der Nobelpreisträger konstatiert resigniert: „12 Jahre hat man geglaubt, eine anständige Haltung eingenommen zu haben...Und jetzt muß man erfahren, daß man ein Feigling war.“ Als er 1949 aus Anlass der Goethe-Feiern zum 200. Geburtstag auch nach Weimar in die damalige sowjetische Besatzungszone fuhr, womit er sich bei Kritikern den Vorwurf einer „Russenfreundlichkeit“ einhandelte, meinte der Nobelpreisträger: „Ich kenne keine Zonen. Mein Besuch gilt Deutschland selbst, Deutschland als Ganzem und keinem Besatzungsgebiet.“

 

Während Thomas Mann von einem „Volksfest“ in Thüringen sprach, notierte Ehefrau Katia auch Kritisches und sah „etwas besonders Gespenstisches“ bei der Weimar-Reise, für die eine „Weimarer Delegation“ die erforderlichen „Zonen-Pässe“ den Manns extra nach Bayreuth entgegenbrachte. „Besonders die FDJ (Freie Deutsche Jugend), die von Morgen bis Abend ihr Friedens-Horst-Wessel-Lied grölte und dazwischen im Chor schrie: ‚Wir grüßen unseren Thomas Mann!’ erregte recht fatale Assoziationen.“

Aber der „Briefroman“ dieser deutschen Familie handelt nicht nur von den Zeitläufen, in die sie geworfen wurde. Es ist eben auch eine Familiengeschichte mit all ihren Sorgen und Nöten und Erfolgen, sie handelt auch wie überall von Liebe, Streit, Zusammenhalt, Neid, Einsamkeit und Solidarität. Ein Kind von Thomas Mann zu sein hatte eben nicht nur (vor allem materielle) Vorteile.

Die Tochter Monika benannte 1969 in einem Brief an die Mutter eine der Schattenseiten: „Ich bemühe mich, mit mir und meinem Leben ohne Aufsehen fertig zu werden...Das Philosophieren trocknet die Tränen. Sie flossen reichlich.“ Und über den Sohn Golo notiert die immer besorgte Mutter: „Golo ist so furchtbar depressiv.“ Anders als sein Bruder Klaus lebte Golo seine Homosexualität nie offen aus. Er selbst schrieb 1961 an seine Schwester Erika, er lebe mit einem „unheiligen Trio: gehetzt, einsam und unproduktiv“. Das „Unproduktive“ sollte sich ändern, seine „Wallenstein“-Biografie wurde ein Bestseller, ebenso wie die „Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts“.

Der Bruder Michael beklagte 1939 in einem Brief an die Mutter, „wie problematisch und schwierig mein Verhältnis zu euch, seit jeher“ gewesen sei und spricht sogar von einem „unguten Einfluss“, vor allem wenn es um den Vater geht: „Zu unserem Papa stehe ich nicht weniger fremd als er zu mir.“

Die große Ratlosigkeit des deutschen Literaturnobelpreisträgers zu Beginn des Krieges ist unverkennbar. Es sei gar nicht zu sehen, daß die Deutschen die Nazis absetzen und Frieden machen. Für Mann ist der Krieg nicht einmal das Entscheidende, wenn es auch das Einschneidendste für die Menschen ist. „Und ist denn ein rasches Ende des Krieges, das wesentlich alles beim Alten ließe, auch nur zu wünschen?“ Denn es sei doch wohl notwendig, daß „Bruder Hitler das verdiente Ende findet“ und nicht womöglich seinen „Lebensabend als ‚Künstler’ verbringt“.

Hitzige Debatte nach dem Krieg

Nach dem Krieg wird nichtsdestotrotz eine hitzige Debatte über das Für und Wider der Emigration ausbrechen. „Wir seien nicht in der Lage zu urteilen“, berichtet Klaus Mann seinem Vater nach Kriegsende über Stimmen von jenen Menschen aus dem zerstörten Deutschland, die im Land geblieben waren. „Sie hätten versucht, gewisse Reste der großen deutschen Tradition zu retten“, meinten sie. Der Nobelpreisträger konstatiert resigniert: „12 Jahre hat man geglaubt, eine anständige Haltung eingenommen zu haben...Und jetzt muß man erfahren, daß man ein Feigling war.“ Als er 1949 aus Anlass der Goethe-Feiern zum 200. Geburtstag auch nach Weimar in die damalige sowjetische Besatzungszone fuhr, womit er sich bei Kritikern den Vorwurf einer „Russenfreundlichkeit“ einhandelte, meinte der Nobelpreisträger: „Ich kenne keine Zonen. Mein Besuch gilt Deutschland selbst, Deutschland als Ganzem und keinem Besatzungsgebiet.“

Während Thomas Mann von einem „Volksfest“ in Thüringen sprach, notierte Ehefrau Katia auch Kritisches und sah „etwas besonders Gespenstisches“ bei der Weimar-Reise, für die eine „Weimarer Delegation“ die erforderlichen „Zonen-Pässe“ den Manns extra nach Bayreuth entgegenbrachte. „Besonders die FDJ (Freie Deutsche Jugend), die von Morgen bis Abend ihr Friedens-Horst-Wessel-Lied grölte und dazwischen im Chor schrie: ‚Wir grüßen unseren Thomas Mann!’ erregte recht fatale Assoziationen.“

Aber der „Briefroman“ dieser deutschen Familie handelt nicht nur von den Zeitläufen, in die sie geworfen wurde. Es ist eben auch eine Familiengeschichte mit all ihren Sorgen und Nöten und Erfolgen, sie handelt auch wie überall von Liebe, Streit, Zusammenhalt, Neid, Einsamkeit und Solidarität. Ein Kind von Thomas Mann zu sein hatte eben nicht nur (vor allem materielle) Vorteile.

Die Tochter Monika benannte 1969 in einem Brief an die Mutter eine der Schattenseiten: „Ich bemühe mich, mit mir und meinem Leben ohne Aufsehen fertig zu werden...Das Philosophieren trocknet die Tränen. Sie flossen reichlich.“ Und über den Sohn Golo notiert die immer besorgte Mutter: „Golo ist so furchtbar depressiv.“ Anders als sein Bruder Klaus lebte Golo seine Homosexualität nie offen aus. Er selbst schrieb 1961 an seine Schwester Erika, er lebe mit einem „unheiligen Trio: gehetzt, einsam und unproduktiv“. Das „Unproduktive“ sollte sich ändern, seine „Wallenstein“-Biografie wurde ein Bestseller, ebenso wie die „Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts“.

Der Bruder Michael beklagte 1939 in einem Brief an die Mutter, „wie problematisch und schwierig mein Verhältnis zu euch, seit jeher“ gewesen sei und spricht sogar von einem „unguten Einfluss“, vor allem wenn es um den Vater geht: „Zu unserem Papa stehe ich nicht weniger fremd als er zu mir.“

Vergiftetes Lob für den drogensüchtigen Sohn

Sein Bruder Klaus Mann starb im Mai 1949 in Cannes an einer Überdosis Schlaftabletten als „Entwöhnungsmittel“ gegen seine Drogensucht. Zu seiner Beisetzung in Cannes kam nur der Bruder Michael aus Zürich, wie in den Anmerkungen der Briefe betont wird. Thomas Mann, begleitet von Ehefrau Katia und Tochter Erika, setzte seine Vortragsreise in Schweden fort. 1939 hatte der übermächtige Vater seinem „lieben Eißi“ zu dessen Roman „Der Vulkan“ gratuliert (für den Vater „ein Bild deutscher Entwurzelung und Wanderung“): „Sie haben Dich ja lange nicht für voll genommen, ein Söhnchen in Dir gesehen und einen Windbeutel, ich konnt es nicht ändern.“ Drei Jahre vorher gab es vom Vater noch ein eher vergiftetes Lob: „Hast eben doch bei aller Verderbtheit einen guten Fond.“

Offene Worte aber über das Familienoberhaupt und den Nobelpreisträger selbst, der stets auch im vertrauten Kreis der „Zauberer“ genannt wurde (und Briefe auch mal mit „Z“ unterschrieb), waren in der Familie nicht erwünscht, wie es im Nachwort der Briefedition heißt. Die jetzt vereint vorliegende Briefsammlung einer deutschen Literatenfamilie mit politischem Engagement erinnert auch an das berühmte Bonmot des österreichischen Satirikers und Publizisten Karl Kraus: „Das Wort ‚Familienbande’ hat einen Beigeschmack von Wahrheit.“ Die Manns machten da wohl keine Ausnahme.