In Kanada verlor ein Wildhüter seinen Job, weil er zwei Bärenbabys nicht töten wollte. Die Internetgemeinde hatte dagegen lautstark protestiert – mit Erfolg. Die Schwarzbären Jordan und Athena dürfen leben.

Stuttgart - Putzig sind die beiden jungen Schwarzbären Jordan und Athena, die in einer Aufzuchtstation auf der kanadischen Vancouver-Insel miteinander spielen. Dass die beiden Geschwister noch leben, haben sie einem Mitarbeiter des Umweltministeriums von British Columbia zu verdanken. Er widersetzte sich der Anweisung seiner Behörde, die Bären zu töten. Dafür wurde er vom Dienst suspendiert – und jetzt von Tierfreunden gefeiert.

 

Bryce Casavant heißt der Mann, für den sich bis Freitagmorgen mehr als 100 000 Unterzeichner einer Online-Petition eingesetzt haben. Sie fordern, dass der Wildhüter sein Amt wieder ausüben darf. Am 5. Juli war Casavant nach Port Hardy an der Nordspitze der Vancouver-Insel gerufen worden. Eine Bärin war dort mehrmals in ein Haus eingebrochen und hatte sich über die Gefriertruhe mit gefrorenem Lachs und Fleisch hergemacht. Sie wurde von Mitarbeitern der Naturschutzbehörde erschossen, weil sie eine Gefahr für Menschen darstellte.

Dann aber tauchten ihre beiden Jungen auf. Hier wird die Geschichte kompliziert: Bei der Behörde gingen Informationen ein, dass die Jungbären ins Haus eingedrungen waren und Abfälle gefressen hatten. In diesem Fall müssen die Tiere getötet werden, weil sie Menschen mit Futter assoziieren. An Casavant erging die Anordnung, die neun Wochen alten Bären zu töten. Casavant aber war vor Ort zu einem anderen Ergebnis gekommen: Die Bären waren nicht im Haus. Er betäubte sie und brachte sie in das North Island Wildtierzentrum. Weil er sich Anordnungen widersetzt hatte, wurde er ohne Lohnfortzahlung vom Dienst suspendiert. Ein Bericht darüber löste eine landesweite Debatte in den sozialen Medien aus. Der Eigentümer des Hauses, Rob Rodder, ist auf Casavants Seite. „Es ist unmoralisch, hilflose Bärenbabys zu erschießen.“ Dagegen meinte der US-Wildexperte Barrie Gilbert, die Aufregung um die Bären habe nichts mit dem Schutz einer Tierart zu tun, sondern sei „sentimental“ begründet, weil diese so attraktiv aussähen.

Bedroht ist die Spezies nicht

In Kanada gibt es Hunderttausende Schwarzbären. Eine bedrohte Tierart sind sie also nicht. Aber es kommt immer wieder zu gefährlichen Begegnungen zwischen Mensch und Tier, vor allem im Frühjahr, wenn die Bären hungrig aus dem Winterschlaf kommen und Bärinnen für ihre Kleinen sorgen müssen, und im Herbst, wenn sie Fett für den Winterschlaf aufbauen müssen. Im vergangenen Jahr wurden allein in British Columbia 17 614 „Mensch-Bär-Konflikte“ gemeldet.

Manchmal ist der tödliche Schuss das letzte Mittel, zu dem die Mitarbeiter der Naturschutzbehörde greifen müssen. Die Zahl der Tiere, die getötet werden müssen, ist in den vergangenen 20 Jahren gesunken. Denn mittlerweile weiß die Bevölkerung, dass sie keinen Müll außerhalb des Hauses deponieren soll. Doch zunehmend dehnen sich Siedlungen in Gebiete aus, die von Bären bewohnt werden.

Jordan und Athena sollen 18 Monate im North Island Wildtierzentrum bleiben. Dann wird versucht, sie auszuwildern. Das Zentrum (www.niwra.org) bietet die Bären zur „Adoption“ an – gegen Spenden, um sie versorgen zu können. Der öffentliche Aufschrei hat bereits Folgen gezeitigt. Die Suspendierung bleibt bis Abschluss der Untersuchung zwar bestehen, aber die Aussetzung der Gehaltszahlung wurde bereits aufgehoben.