Trotz angeschlagener Gesundheit ist der Sänger zur letzten Renninger Krippe gekommen. Mit Pfarrer Franz Pitzal verbindet ihn eine lange Freundschaft.

Renningen - Eigentlich sei das was fürs Guinness-Buch der Rekorde, scherzt Tony Marshall. Er sei schon 40 Mal in Malmsheim aufgetreten, „und immer ohne Gage“, fügt der Sänger hinzu und schmunzelt. Das Publikum – nur rund 70 Menschen waren pandemiebedingt zugelassen – dankt ihm mit Beifall.

 

Dabei war es bis zuletzt unsicher, ob es der Sänger zur letzten Krippe, die Pfarrer Franz Pitzal mit seinem Krippenteam aufgebaut hat, überhaupt möglich machen kann. Denn der knapp 84-Jährige ist gesundheitlich angeschlagen. „Aber Tony hat immer gesagt, dass er kommen möchte“, betont Pitzal. „Dieser Abend an der letzten Krippe wird uns ganz besonders in Erinnerung bleiben, vielleicht für immer.“

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Dann tritt der Gast auf: Mit Hut und weißem Schal ausgestattet wird Tony Marshall auf einen Stuhl begleitet und nimmt vor seinem Publikum Platz. „Ich wünsche mir, dass ich das noch lange an der Seite von meinem Freund Franz erleben kann“, sagt er, und ein Lächeln strahlt über sein Gesicht. Die beiden Männer verbindet eine jahrzehntelange Freundschaft, von der sie immer wieder gern erzählen.

Mit Corona vier Wochen in der Klinik

Der Künstler und studierte Opernsänger, seit 70 Jahren im Musikgeschäft unterwegs, weiß um die Zerbrechlichkeit des Lebens: „Im Oktober habe ich trotz zweifacher Impfung noch Corona bekommen und lag vier Wochen in der Klinik.“ Sagt’s und intoniert den Gospelsong „Oh happy day“ und fordert das Publikum zum Mitklatschen auf.

Die Musik und die Background-Stimmen werden von Band eingespielt, seine eigene, immer noch volle Stimme trägt und füllt den Kirchenraum. „Wie viel ärmer wäre die Welt ohne Musik“, ruft er seinem Publikum zu. Und während er eine berührende Fassung von „Ave Maria“ anstimmt, zücken die Zuhörer ihre Handys und filmen. „Auf Wunsch von Franz“ singt er auch an diesem Abend ein Lied über Obdachlose und erzählt von einer Begegnung mit einem Mann auf der Straße, der heute wieder mitten im Leben steht.

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Immer wieder erwähnt Tony Marshall „seinen Freund Franz“. Die beiden fast gleichaltrigen Männer kennen sich seit 40 Jahren, sind sich zufällig im Bayerischen Wald begegnet. Die Freundschaft sei im Laufe der Jahre gewachsen, erzählt der Seelsorger. „Eigentlich sind wir ziemlich verschieden“, sagt Pitzal und ergänzt: „Ich kann zum Beispiel überhaupt nicht singen.“

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Immer wieder seien sie sich bei den verschiedensten Anlässen begegnet, und er habe auch eine herzliche Verbindung zur Familie von Tony Marshall, zu dessen Frau und den drei Kindern. Letztere sind auch häufig an der Krippe aufgetreten. „Menschliche Verbindungen sind halt wichtig“, sagt Franz Pitzal, der selbst im Laufe seines Lebens viele Begegnungen mit Menschen in aller Welt hatte.

„Das Wichtigste ist, dass die Leute Freude haben“

Dass Tony Marshall, der traditionell am 1. Weihnachtstag zur Krippe kam, jetzt fast zum Schluss doch noch auftreten kann, bedeutet beiden viel. „Das Wichtigste ist, dass die Leute Freude haben, auch als Ausgleich zu Corona“, so Pitzal. Und der Sänger sprüht in seinen Liedern nur so vor Lebenslust, etwa in „Du sollst das Leben lieben, so heißt das elfte Gebot“ oder „I did it my way – so leb dein Leben“, das er seinem Freund widmet.

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„Jetzt singe ich noch ein Lied und dann muss ich schauen, dass ich heimkomme“, kündigt er an. „Morgenfrüh um Viertel nach sechs beginnt die Dialyse, die mache ich jetzt schon seit zwei Jahren“, erzählt er. „Ich muss gesund bleiben, sonst kann ich nicht mehr herkommen“. Und er stimmt ein Lied an, das ihm auf den Leib geschrieben worden sei: „Der letzte Traum ist immer noch in Farbe, in meiner Welt ist immer noch Musik.“

Noch sieben Gottesdienste

Termine
 Nur noch diese Woche finden Gottesdienste an der Renninger Krippe in der Martinuskirche in Malmsheim statt: Dienstag, Mittwoch und Donnerstag um 15 Uhr, am Freitag (Friedensgebet) und am Samstag um 18 Uhr sowie am Sonntag um 11 und 18 Uhr. Zum Abschlussgottesdienst wird als Gast Johannes Schmalzl, der ehemalige Stuttgarter Regierungspräsident und jetzige Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart, erwartet.

Anmeldung
 Besucher können sich online unter renningen-malmsheim.gottesdienst-besuchen.de für eine Teilnahme anmelden. Franz Pitzal weist aber darauf hin, dass auch bei ausgebuchten Terminen immer wieder Sitze frei bleiben. Spontane Besucher haben also trotzdem die Chance auf einen Platz. Eine Garantie gibt es aber nicht.