In Österreich sind in einem Lastwagen die teilweise verwesten Leichen von mindestens 20 Flüchtlingen entdeckt worden. Das Fahrzeug wurde auf der Autobahn A4 bei Parndorf südöstlich von Wien gefunden und hat dort mindestens seit Mittwoch gestanden.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

Wien - Parndorf, Österreich: an dieser Stelle der Ostautobahn A 4, die auf Wien zuführt, ist das Burgenland hinter dem Neusiedler See ein eher einsamer Strich in der Landschaft: ein Waldstück, dahinter abgeerntete Felder, Wildzäune. In einer Parkbucht direkt an der Strecke ein Laster, dem sich am Donnerstagvormittag laut Auskunft des österreichischen Streckendienstes Asfinag ein Mitarbeiter nähert, der mit Mäharbeiten beschäftigt ist. „Ihm ist aufgefallen, dass es da raustropft“, sagt der Asfinag-Sprecher. Über Mittag wird die Polizei informiert – und macht einen grässlichen Fund.

 

Im Lkw, einem 7,5-Tonner, äußerlich ausgewiesen als Wurstwaren-Transporter einer slowakischen Hühnerschlachterei mit ungarischen Kennzeichen, finden sich die Leichen Dutzender mutmaßlich syrischer Flüchtlinge. Bei den Toten hat bereits die Verwesung eingesetzt – weshalb zunächst unklar bleibt, wie viele Tote genau im Laderaum liegen. Die Polizei schätzt, dass es bis zu 50 sind. Auch zum Zeitpunkt und zur Ursache des Todes der Menschen gibt es am Donnerstag keine Klarheit. Mehr Gewissheit soll es erst am Freitag geben, nachdem der Lkw an einem gekühlten Ort geöffnet wurde.

Der Fahrer des Wagens ist auf der Flucht

Der Fahrer des Wagens ist mutmaßlich seit Mittwochabend, als das Fahrzeug abgestellt wurde, auf der Flucht. Mit Hunden und einem Hubschrauber sucht die österreichische Polizei am Donnerstagnachmittag nach weiteren Opfern. Die Arbeit am Tatort, sagt Gerald Tatzgern, der Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität und des Menschenhandels im Bundeskriminalamt, werde „Tage dauern“. Die Toten würden auch daraufhin untersucht, ob Fremdeinwirkung mit im Spiel gewesen sei, so Tatzgern.

Das Drama in Österreich betrifft eine Route, die seit Tagen im Fokus der Öffentlichkeit steht. Über den Westbalkan versuchen Menschen etwa aus Syrien, Afghanistan oder Pakistan sich zu Tausenden in die Europäische Union zu retten.

Auf einer Pressekonferenz sagt die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, dass sich in diesem Fall die „verabscheuungswürdigen Methoden der Schleppermafia in all ihrer Hässlichkeit auch in Österreich“ zeigten. „Solche Leute“ gehörten „hinter Gitter“. Die Schleppermafia müsse wissen, dass sie sich „in Österreich nicht sicher fühlen“ dürfe. Umso wichtiger sei es nach dieser Tragödie, so Mickl-Leitner weiter, „an den EU-Außengrenzen Anlaufstellen zu schaffen, die dieser innereuropäischen Schlepperei ein Ende“ setzten. Es sei „ein dunkler Tag für Österreich“.

Kurz vor der Entdeckung des Leichenlasters in der Nähe von Parndorf waren im nächstgrößeren Ort Bruck an der Leitha drei Schlepper gefasst worden, die in einem Kastenwagen 34 Flüchtlinge nach Österreich gebracht hatten. Zwischendurch hatten sie zehn Kleinkinder einfach auf der Autobahn aussteigen lassen. Im Wagen habe man, wie Flüchtlinge berichteten, aufgrund der Enge kaum mehr Luft bekommen. Die Fahrt sei von der serbischen Grenze aus ohne Unterbrechung durchgeführt worden.