Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Es ist eine bemerkenswerte Rolle, die dem Transplantationskoordinator zufällt: Als Arzt strebt er das Wohlbefinden und die Gesundung seiner Patienten an – und muss sie zugleich nach ihrer Nützlichkeit für eine mögliche Organspende beurteilen. Juan José Rubio, seit vier Jahren Transplantationsbeauftragter am Krankenhaus Puerta del Hierro im Madrider Vorort Majadahonda, antwortet auf die Frage, ob er sich deshalb mitunter wie ein Geier fühle, ohne zu zögern, mit „Ja“. Doch der 59-Jährige gerät darüber nicht in ethische Konflikte. „Wenn du einem Spender vier Organe entnimmst, gibt es danach vier operierte Patienten.“ Das mache Mut. Außerdem werde jeder auf der Intensivstation darüber informiert, wie es den Leuten geht, die ein Spenderorgan erhalten haben.

 

Ob eine Transplantation erfolgen darf, hängt von der Zustimmung der Angehörigen des potenziellen Spenders ab. Rubio spricht mit ihnen, um ihr Einverständnis zur Organentnahme zu erbitten. Diese Gespräche mit den Angehörigen gehören zu den Aufgaben, an die er sich auch nach vier Jahren als Transplantationskoordinator noch nicht gewöhnt hat. Manchmal erlebt er es, dass ihm die Familie zuvorkommt und von sich aus fragt, ob man nicht die Organe spenden könne. „Das ist sehr berührend“, sagt der Arzt. „Sie haben gerade erfahren, dass ihr Angehöriger gestorben ist. Sie weinen. Und trotzdem sagen sie: Wir würden gerne spenden.“

Eine dramatische Situation für die Familie

Nicht alle Angehörigen willigen ohne Weiteres in die Organspende ein. Rubio versucht sie zu überzeugen. Er fragt nach dem mutmaßlichen Willen des Verstorbenen. Er veranschaulicht ihnen die Lage der Patienten, die auf ein Spenderorgan warten. „Danach sagen sie oft Ja – und manchmal Nein“, erzählt der Mediziner. Eine Ablehnung sei manchmal ein wenig frustrierend“, gibt Rubio zu, aber er könne die Angehörigen verstehen: „Es ist eine dramatische Situation für die Familie.“

Erstaunlich bleibt, wie viele Angehörige in Spanien schließlich ihre Zustimmung zur Organentnahme geben: 84 Prozent. Ein weit höherer Wert als die 57 Prozent, die in der Eurobarometer-Umfrage spontan ihre Bereitschaft zur Organspende bekunden. Die spanischen Transplantationskoordinatoren und ihre Mitarbeiter sind für die Gespräche mit den Angehörigen geschult und überzeugen viele Zweifelnde. Auch deswegen ist das spanische Transplantationssystem so erfolgreich.

Den potenziellen Spender schnell erkennen

Zentrales Element dieses Systems sind die Transplantationskoordinatoren, die in allen 180 Krankenhäusern mit Intensivstation ein Auge auf mögliche Organspender haben. Weil Spaniens staatliches Gesundheitswesen verhältnismäßig wenige, aber dafür große Kliniken betreibt, gewinnen die Koordinatoren schneller Erfahrung mit dem Erkennen potenzieller Organspender. In Deutschland gibt es nicht 180, sondern knapp 1400 Krankenhäuser mit Intensivstation – mit Blick auf Organspenden „ein Wahnsinn“, kritisiert Rafael Matesanz.

Zum anderen sind die spanischen Transplantationskoordinatoren ausgebildete Intensivmediziner. Das verleiht ihnen nach Matesanz’ Erfahrungen die nötige „professionelle und moralische Autorität“, um Ärztekollegen für die Spende zu sensibilisieren. Andere Modelle, in denen eine Krankenschwester oder ein Klinikfremder für die Transplantationskoordination zuständig ist, haben sich als weniger effizient erwiesen.

Die Doppelrolle des Arztes

Es ist eine bemerkenswerte Rolle, die dem Transplantationskoordinator zufällt: Als Arzt strebt er das Wohlbefinden und die Gesundung seiner Patienten an – und muss sie zugleich nach ihrer Nützlichkeit für eine mögliche Organspende beurteilen. Juan José Rubio, seit vier Jahren Transplantationsbeauftragter am Krankenhaus Puerta del Hierro im Madrider Vorort Majadahonda, antwortet auf die Frage, ob er sich deshalb mitunter wie ein Geier fühle, ohne zu zögern, mit „Ja“. Doch der 59-Jährige gerät darüber nicht in ethische Konflikte. „Wenn du einem Spender vier Organe entnimmst, gibt es danach vier operierte Patienten.“ Das mache Mut. Außerdem werde jeder auf der Intensivstation darüber informiert, wie es den Leuten geht, die ein Spenderorgan erhalten haben.

Ob eine Transplantation erfolgen darf, hängt von der Zustimmung der Angehörigen des potenziellen Spenders ab. Rubio spricht mit ihnen, um ihr Einverständnis zur Organentnahme zu erbitten. Diese Gespräche mit den Angehörigen gehören zu den Aufgaben, an die er sich auch nach vier Jahren als Transplantationskoordinator noch nicht gewöhnt hat. Manchmal erlebt er es, dass ihm die Familie zuvorkommt und von sich aus fragt, ob man nicht die Organe spenden könne. „Das ist sehr berührend“, sagt der Arzt. „Sie haben gerade erfahren, dass ihr Angehöriger gestorben ist. Sie weinen. Und trotzdem sagen sie: Wir würden gerne spenden.“

Eine dramatische Situation für die Familie

Nicht alle Angehörigen willigen ohne Weiteres in die Organspende ein. Rubio versucht sie zu überzeugen. Er fragt nach dem mutmaßlichen Willen des Verstorbenen. Er veranschaulicht ihnen die Lage der Patienten, die auf ein Spenderorgan warten. „Danach sagen sie oft Ja – und manchmal Nein“, erzählt der Mediziner. Eine Ablehnung sei manchmal ein wenig frustrierend“, gibt Rubio zu, aber er könne die Angehörigen verstehen: „Es ist eine dramatische Situation für die Familie.“

Erstaunlich bleibt, wie viele Angehörige in Spanien schließlich ihre Zustimmung zur Organentnahme geben: 84 Prozent. Ein weit höherer Wert als die 57 Prozent, die in der Eurobarometer-Umfrage spontan ihre Bereitschaft zur Organspende bekunden. Die spanischen Transplantationskoordinatoren und ihre Mitarbeiter sind für die Gespräche mit den Angehörigen geschult und überzeugen viele Zweifelnde. Auch deswegen ist das spanische Transplantationssystem so erfolgreich.

Diejenigen, die bis zum Schluss beim Nein bleiben, sind nicht unbedingt hartherziger als die anderen. Sie sind skeptischer. Sie misstrauen der Versicherung des Arztes, ihr Angehöriger sei tot. Ein klassischer Organspender ist ein Hirntoter, der aber weiter künstlich beatmet wird, so dass sein Herz noch schlägt. Ohne Beatmungsgerät würde es stillstehen. „Die Menschen verstehen nicht, was hirntot bedeutet“, sagt ONT-Direktor Matesanz, das sei der Hauptgrund, warum in Spanien Organspenden abgelehnt werden würden.

Für solche Zweifel hat Jacobo Elosua nur wenig Verständnis. „Entweder leben wir in der westlichen, zivilisierten Welt oder in der Welt des Aberglaubens. Hirntot ist eine eindeutige Diagnose.“ Elosua hat eine pragmatische Einstellung zu den Dingen. Auch zu der Spenderlunge, die seinen Körper seit sechs Jahren am Leben hält. Er beschreibt das Organ als eine Art Maschine, die ihm helfe, frei zu atmen, auf die er eben angewiesen sei. „Fremd war mir die neue Lunge nie.“