Rund 450 Freunde und Kollegen haben bei einer Trauerfeier in der Arena an der Türlenstraße dem verstorbenen Kurt Weidemann Adieu gesagt.  

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Schon am Eingang zur Begrüßung wird "etwas zur Erfrischung" gereicht. Natürlich Bier, Beck's und Wulle. Kurt Weidemann hätte das gefallen, er hatte einen guten Zug, zapfte sich an seiner heimischen Zapfstation ein gutes Dutzend Bierchen pro Tag. Nun sind seine knatschroten Schuhe und sein Schlapphut aufgebahrt in der Arena, der Ersatzspielstätte des Schauspiels Stuttgart, mitten in der Dekoration von "Dantons Tod". Es war eine ungewöhnliche Gedenkfeier, zu der die Kinder von Kurt Weidemann am Montagnachmittag geladen hatten. Rund 450 Freunde, Bekannte, Kollegen und Auftraggeber verabschiedeten sich von dem Stuttgarter Gestalter, der am 30. März mit 88 Jahren gestorben ist. Man sagte Adieu mit Reden, mit Hans Albers "La Paloma" - "Auf, Matrosen, ohé, einmal muss es vorbei sein" -, mit Bier und Buletten. So, wie Weidemann es gewollt hätte.

 

"Unser Papa ist tot", sagte Steffen Weidemann - und dieser Papa, der ihnen früher groß, schön und stark vorgekommen sei, sei später ein großartiger, schöngeistiger und willensstarker Mann geworden. Das war nicht immer so, wie der Maler Jan Peter Tripp erzählte, der Weidemann einst porträtierte und der zu einem Freund und Vertrauten wurde. Ihm gab Weidemann als Erstem seine Feldtagebücher zu lesen, die er als 18-Jähriger geschrieben hatte. "Vierzig Jahre lang wagte er nicht, sich mit dem kleinen Kurt von damals zu konfrontieren", sagte Tripp über Weidemann, der mit naivem Idealismus in den Krieg gezogen war und nach fünf Jahren Zwangsarbeit in Russland als ein anderer zurückkam.

Alkohol war Weidemann stets das Liebste

Dieser andere Kurt Weidemann hätte sicher keine Lobhudeleien gemocht, bemerkte Edzard Reuter, der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Daimler-Benz. Weidemann hat optische Auftritte und Logos für die Deutsche Bahn, Shell und Coop entworfen, für das Stuttgarter Theater Rampe und das Literaturhaus und auch für Daimler-Benz. Dabei habe er "ganze Wolken von Staub auf- und weggeblasen", erzählte Reuter. Die Zusammenarbeit sei geprägt gewesen "vom Zwang, Absichten und Ideen gegen den Widerstand mancher selbstgerechter Bürokraten durchzusetzen".

Mut, Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft bescheinigten die Redner dem Verstorbenen, der Pianist Wolfgang Dauner ließ die Musik sprechen - und zum Abschluss kam es doch wieder auf das, was Weidemann stets das Liebste war: der Alkohol. Alle, der ehemalige Operndirektor Klaus Zehelein und der einstige Staatssekretär Michael Sieber, der Fotograf Dietmar Henneka und der frühere Chef der Staatsgalerie Stuttgart, Christian von Holst, aber auch zahllose Grafiker, Kameraleute und Fotografen, Autoren und Musiker aus Stuttgart, sie alle erhoben sich zum Abschluss nicht etwa zum Gebet, sondern um gemeinsam auf Weidemann anzustoßen - mit kleinen Fläschchen "Kurt"-Wodka, die eigens verteilt wurden. "Schade", hörte man anschließend einige bei Buletten und Kartoffelsalat sagen, "schade, wenn von Weidemann vor allem das Trinken in Erinnerung bleibt".

Aber so, wie die roten Schuhe, Lorgnon, Schlapphut und junge Begleiterinnen zu ihm gehörten, so eben auch der Alkohol. Den hat er in vielen seiner launigen wie geistreichen Sentenzen besungen: "Sport ist nicht mein Bier. Bier ist mein Bier."