Am Ende bekommt er nach sieben Jahren an der Parteispitze eine Lithografie von August Bebel, ein paar Blumen und ein paar warme Worte seines Nachfolgers mit auf den Weg. Das Bild „soll dich immer daran erinnern, dass du einer der ganz Großen“ unter den SPD-Vorsitzenden warst, sagt jener, der die Verantwortung für die Partei erbt. „Dass du deinen eigenen Ehrgeiz zurückgestellt hast, Platz für einen anderen gemacht hast, Sigmar, das ist eine besondere politische, vor allem aber eine besondere menschliche Leistung, die zeigt, was für ein besonderer Charakter du bist“, sagt Schulz. „Danke, Sigmar!“ steht auf den Videoleinwänden. Das war’s. Jetzt kommt Schulz.

 

Viel Neues sagt der Wunderheiler der SPD nicht in den nächsten 80 Minuten. Es soll halt gerechter zugehen in Deutschland. Aber selbst wenn er lediglich so eine sozialdemokratische Selbstverständlichkeit wie kostenfreie berufliche Bildung fordert, wird applaudiert, als stelle er nichts weniger als das Paradies auf Erden in Aussicht.

Schulz wählt auch diesmal die direkte Ansprache an die Genossen und an die Wähler, setzt auf große Gefühle statt auf Details. Anders als andere Politiker will er nicht in erster Linie Journalisten oder professionellen Beobachter gefallen und nimmt damit in Kauf, dass diese ihm seinen Mangel an konkreter Programmatik vorhalten. Er sagt ja auch selbst, dass er noch „keine abschließende programmatische Rede“ anbieten wolle. Lieber erzählt er von „unzähligen Beobachtungen“, seinem Ansatz, erst mal zuhören zu wollen, statt alles schon besser zu wissen. Seine Herkunft aus Würselen, die bescheidenen Verhältnisse dort und die Erinnerung daran, dass er wegen einer überwundenen Alkoholsucht fast schon am Ende war, sind mittlerweile schon Gassenhauer in seinem Redeprogramm. Weil er das alles erlebt habe, wisse er, wie es zugeht am unteren Ende der Gesellschaft. Aus dieser Erzählung und seiner Kindheit an der belgischen und niederländischen Grenze leitet er alles ab: Seine Forderung nach „Respekt vor der Lebensleistung eines jeden Menschen“, seinen Appell, keinen zurückzulassen, sein Werben für umfassende kostenfreie Bildungsangebote, seine Forderung, Polizei und Feuerwehr nicht zu kurz kommen zu lassen, sein Einsatz für Europa als Bollwerk gegen Nationalismus aller Art. Dass die SPD als Regierungspartei da und dort dies in den vergangenen Jahrzehnten hätte alles schon verbessern können, ficht ihn nicht an. So als sei er nicht schon lange Mitglied des Parteivorstands, sondern Gesandter eines anderen Sterns, eines tiefroten, versteht sich.

Merkel wird mit keinem Wort erwähnt

Kanzlerin Angela Merkel erwähnt Schulz mit keinem Wort. So als sei sie die Herausfordernde, die sich gefälligst an ihm abzuarbeiten habe. Nur an einer Stelle kommt sie indirekt ins Spiel. Ohne sie beim Namen zu nennen, sagt er, dass man gegen Präsidenten wie Erdogan oder Trump schon auch mal von der Spitze einer Regierung aus klare Worte finden sollte. Dialog sei wichtig. Aber „ich erinnere mich an einen Kanzler, der in klaren Worten gesagt hat, was nicht geht.“ Gerhard Schröder sei das gewesen, damals, als er sich weigerte, den USA in den Irak-Krieg zu folgen: „Ein deutscher Kanzler kann also durchaus eine klare Haltung zeigen“, so Schulz.

Als Schulz über Bildungschancen redet, zeigt die Regie auf der Videoleinwand einen begeisterten jungen Vater mit kleinem Kind auf dem Arm. Die Delegierten lachen, Schulz ist kurz irritiert, glaubt, er habe versehentlich Blödsinn gequasselt. Erleichtert merkt er seinen Irrtum, fragt den Vater: „Junge oder Mädchen?“ Dann fügt kurzerhand an: „Ist egal, wird aufgenommen.“

Das alles ist aber nur die halbe Wahrheit. Gabriel zog auch deshalb zurück, weil er spürte, dass ihn viele von denen, die ihn jetzt wieder auf Händen tragen, im Januar nicht mehr ausstehen konnten. Und natürlich wusste er um seine Beliebtheitswerte bei den Wählern. Er war verschlissen. Und so blieb ihm nur noch, rechtzeitig beiseite zu treten, um nach der Bundestagswahl noch eine Chance auf eine politische Zukunft zu haben. So ganz versteht Gabriel anscheinend noch immer nicht, was da in den vergangenen Wochen geschehen ist, denn seine Bilanz in der großen Koalition sei ja nun „keine so ganz schlechte“ gewesen. Aber sei’s drum. Jetzt ist er Außenminister und scheint, trotz aller Wehmut, wie befreit von einer großen Last.

Schulz wählt die großen Gefühle – Details liefert er nicht

Am Ende bekommt er nach sieben Jahren an der Parteispitze eine Lithografie von August Bebel, ein paar Blumen und ein paar warme Worte seines Nachfolgers mit auf den Weg. Das Bild „soll dich immer daran erinnern, dass du einer der ganz Großen“ unter den SPD-Vorsitzenden warst, sagt jener, der die Verantwortung für die Partei erbt. „Dass du deinen eigenen Ehrgeiz zurückgestellt hast, Platz für einen anderen gemacht hast, Sigmar, das ist eine besondere politische, vor allem aber eine besondere menschliche Leistung, die zeigt, was für ein besonderer Charakter du bist“, sagt Schulz. „Danke, Sigmar!“ steht auf den Videoleinwänden. Das war’s. Jetzt kommt Schulz.

Viel Neues sagt der Wunderheiler der SPD nicht in den nächsten 80 Minuten. Es soll halt gerechter zugehen in Deutschland. Aber selbst wenn er lediglich so eine sozialdemokratische Selbstverständlichkeit wie kostenfreie berufliche Bildung fordert, wird applaudiert, als stelle er nichts weniger als das Paradies auf Erden in Aussicht.

Schulz wählt auch diesmal die direkte Ansprache an die Genossen und an die Wähler, setzt auf große Gefühle statt auf Details. Anders als andere Politiker will er nicht in erster Linie Journalisten oder professionellen Beobachter gefallen und nimmt damit in Kauf, dass diese ihm seinen Mangel an konkreter Programmatik vorhalten. Er sagt ja auch selbst, dass er noch „keine abschließende programmatische Rede“ anbieten wolle. Lieber erzählt er von „unzähligen Beobachtungen“, seinem Ansatz, erst mal zuhören zu wollen, statt alles schon besser zu wissen. Seine Herkunft aus Würselen, die bescheidenen Verhältnisse dort und die Erinnerung daran, dass er wegen einer überwundenen Alkoholsucht fast schon am Ende war, sind mittlerweile schon Gassenhauer in seinem Redeprogramm. Weil er das alles erlebt habe, wisse er, wie es zugeht am unteren Ende der Gesellschaft. Aus dieser Erzählung und seiner Kindheit an der belgischen und niederländischen Grenze leitet er alles ab: Seine Forderung nach „Respekt vor der Lebensleistung eines jeden Menschen“, seinen Appell, keinen zurückzulassen, sein Werben für umfassende kostenfreie Bildungsangebote, seine Forderung, Polizei und Feuerwehr nicht zu kurz kommen zu lassen, sein Einsatz für Europa als Bollwerk gegen Nationalismus aller Art. Dass die SPD als Regierungspartei da und dort dies in den vergangenen Jahrzehnten hätte alles schon verbessern können, ficht ihn nicht an. So als sei er nicht schon lange Mitglied des Parteivorstands, sondern Gesandter eines anderen Sterns, eines tiefroten, versteht sich.

Merkel wird mit keinem Wort erwähnt

Kanzlerin Angela Merkel erwähnt Schulz mit keinem Wort. So als sei sie die Herausfordernde, die sich gefälligst an ihm abzuarbeiten habe. Nur an einer Stelle kommt sie indirekt ins Spiel. Ohne sie beim Namen zu nennen, sagt er, dass man gegen Präsidenten wie Erdogan oder Trump schon auch mal von der Spitze einer Regierung aus klare Worte finden sollte. Dialog sei wichtig. Aber „ich erinnere mich an einen Kanzler, der in klaren Worten gesagt hat, was nicht geht.“ Gerhard Schröder sei das gewesen, damals, als er sich weigerte, den USA in den Irak-Krieg zu folgen: „Ein deutscher Kanzler kann also durchaus eine klare Haltung zeigen“, so Schulz.

Als Schulz über Bildungschancen redet, zeigt die Regie auf der Videoleinwand einen begeisterten jungen Vater mit kleinem Kind auf dem Arm. Die Delegierten lachen, Schulz ist kurz irritiert, glaubt, er habe versehentlich Blödsinn gequasselt. Erleichtert merkt er seinen Irrtum, fragt den Vater: „Junge oder Mädchen?“ Dann fügt kurzerhand an: „Ist egal, wird aufgenommen.“