US-Präsident Obama gelingt in Peking ein unerwarteter Durchbruch: Gemeinsam wollen ausgerechnet die größten CO2-Sünder China und die USA gegen den Klimawandel eintreten.

Washington - Es gibt schlechtere Tage in Peking als den Mittwoch mit heftigen Windböen, die den amerikanischen Staatsgästen einen blauen Himmel bescheren. Tage, an denen selbst die grell leuchtenden Reklameschilder am Haus gegenüber nicht zu sehen sind, Tage, in denen die Augen tränen, in denen der Husten nicht verschwinden will. Der Feinstaub kriecht in rauen Mengen in den Körper und ruiniert ihn Jahr für Jahr. Solche Tage gefallen immer weniger Chinesen, sie gefallen nicht einmal mehr der chinesischen Regierung, die mehr und mehr gegen die Luftverschmutzung kämpft, ohne viel dagegen ausrichten zu können.

 

Und dann die Überraschung, als Chinas Staatschef Xi Jinping und sein amerikanischer Amtskollege Barack Obama in der Großen Halle des Volkes vor die Presse treten, zunächst viel über gegenseitiges Vertrauen und den wechselseitigen Respekt sprechen und später eine Erklärung abgeben, die andere Themen des Treffens in den Schatten stellt: China und die USA haben sich auf neue Klimaschutzziele geeinigt. „Ein Meilenstein“, nennt das Obama. „Historisch“, sagt Xi.

China nennt zum ersten Mal konkrete Zahlen

Es ist ein wichtiger Schritt der beiden weltgrößten CO2-Emittenten zur Reduktion des Kohlendioxidausstoßes. Die Chinesen wollen bis spätestens 2030 den Höhepunkt ihrer CO2-Emissionen erreicht haben. Es ist das erste Mal, dass China konkrete Zahlen nennt. Ebenfalls bis 2030 wollen sie den Ausbau erneuerbarer Energien auf 20 Prozent steigern. Heute liegt ihr Anteil bei etwa zehn Prozent. In einer früheren Ankündigung sprachen die Chinesen von einer Steigerung erneuerbarer Energien auf 15 Prozent bis 2020. Dass sie sie innerhalb von zehn Jahren dann nur noch um weitere fünf Prozent erhöhen wollen, enttäuscht viele Umweltschützer in China. „Diese Zahlen sind ein Mindestmaß: der Fußboden, nicht die Decke“, sagte Li Shuo von Greenpeace in Peking.

Die USA haben im Gegenzug angekündigt, den Ausstoß an Treibhausgasen spätestens bis 2025 um 26 bis 28 Prozent im Vergleich zu 2005 zu drücken. Bisher sprachen sie von einer Minderung um 17 Prozent bis 2020. Mit der neuen Erklärung haben sie sich mehr Zeit ausbedungen, wollen die Emissionen jedoch umso mehr drosseln. Mit der Selbstverpflichtung, so sagten Xi und Obama, wollen sie auch andere Länder ermutigen, ihre eigenen Reduktionsziele festzulegen. Die Europäische Union hatte sich erst im Oktober darauf geeinigt, die Emissionen bis 2030 um mindestens 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken und den Anteil der erneuerbaren Energien auf 27 Prozent zu steigern.

Die zwei Großmächte können sich auch einig werden

Die nicht formell verbindliche amerikanisch-chinesische Erklärung ist ein entscheidender Schritt dazu, dass der Klimagipfel Ende 2015 in Paris überhaupt zu einer Einigung kommt. Sie zeigt auch, dass sich beide Großmächte, zwischen denen oft genug die Differenzen dominieren, in weltpolitisch relevanten Fragen einig werden können. Immer mehr bestimmt die Volksrepublik, welche dieser Fragen effektiv angepackt wird.

China ist innenpolitisch gefordert, den Kampf gegen die Umweltverschmutzung, die dem Aufstieg des Landes geschuldet ist, anzupacken. Zu oft und zu stark schnürt der gefährliche Feinstaub den Menschen regelrecht die Luft ab. Lediglich drei von 74 chinesischen Großstädten hatten im vergangenen Jahr den staatlich verordneten Standard eingehalten. Doch selbst dieser Wert liegt bei 100 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter. In manchen Städten beträgt der Jahresdurchschnitt 179 Mikrogramm pro Kubikmeter. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht bei Werten von 25 die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung als überschritten an.

Obama könnte es schwer haben, seine Ziele einzuhalten

Chinas bereits ausgerufener Aktionsplan „Blauer Himmel“ will die Feinstaubwerte bis 2030 durchschnittlich auf 35 Mikrogramm pro Kubikmeter senken, sie lägen weiterhin über den von der WHO empfohlenen Grenzen. Umgerechnet 210 Milliarden Euro seien bis 2017 für die Verbesserung der Luftqualität nötig, schätzt Chinas Akademie für Umweltplanung. Wie die Chinesen allerdings den Spagat zwischen Luftreinigung und dem Ausbau der Kohlekraftwerke, auf die das Land nach wie vor setzt, schaffen wollen, dafür haben sie noch keine überzeugenden Pläne vorgelegt.

Auch US-Präsident Barack Obama könnte es schwer haben, seinen Teil der Klimavereinbarung mit China einzuhalten. Die Republikaner, gestärkt durch ihren Sieg bei den Kongresswahlen in der vergangenen Woche, dürften alles versuchen, um die Pläne Obamas zu durchkreuzen. Sie werfen ihm vor, einen ideologisch motivierten „Krieg gegen die Kohle“ zu führen.

Die Republikaner bekämpfen Obamas Pläne

Einen Vorgeschmack auf die Auseinandersetzungen gab bereits der künftige starke Mann der Konservativen im US-Senat, Mitch McConnell. Der designierte Mehrheitsführer der Republikaner, der aus dem Kohlestaat Kentucky stammt, sprach von einem „unrealistischen Plan“, den Obama seinem Nachfolger im Weißen Haus hinterlasse. Das werde zu höheren Strompreisen und weniger Jobs in den USA führen. „Unsere Wirtschaft kann diesen Krieg gegen die Kohle nicht verkraften“, sagte McConnell.

Formal braucht Obama für seine Klimaschutz-Initiative nicht die Zustimmung des Kongresses. Sein Amtsnachfolger könnte jedoch von 2017 an die Standards wieder aufweichen. Geht es nach den Republikanern, wird das auch geschehen.