Im Landtagswahlkampf forderte die CDU bei Abschiebungen ein härteres Durchgreifen. Nun stellt sie mit Vize-Regierungschef Strobl selbst den Innenminister. Und wie sieht es nun mit den Abschiebungen aus?

Stuttgart - Trotz steigender Abschiebezahlen halten sich nach wie vor rund 36 000 abgelehnte Asylbewerber in Baden-Württemberg auf, die eigentlich ausreisepflichtig sind. Innenminister Thomas Strobl (CDU) zeigte sich noch nicht zufrieden mit den Zahlen. „Wir brauchen nach wie vor mehr Konsequenz“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „Die Abschiebung ausländischer Mehrfachtäter etwa ist noch ein bürokratisches Monstrum.“ Die Innenminister wollen nach seinen Worten bei ihrer Konferenz Ende November über Maßnahmen für schnellere Abschiebungen beraten.

 

Strobl kündigte an, dass Baden-Württemberg abgelehnte Asylbewerber auch über die Wintermonate abschieben werde. „Einen Abschiebestopp wird es bei uns nicht geben.“ In den vergangenen Jahren hatte unter anderem die Linke einen Winterabschiebestopp gefordert, den es aber grundsätzlich auch unter der grün-roten Vorgängerregierung nicht gab. Strobl verwies darauf, dass Baden-Württemberg seit dem Regierungswechsel zu Grün-Schwarz mit „neuer Konsequenz“ abschiebe.

„Neue Konsequenz heißt, dass wir die Rückführungen auch über die Wintermonate weiter durchführen - ohne Abstriche, unter Beachtung des geltenden Rechts“, sagte Strobl. Die Integration derjenigen mit Bleibeperspektive gelinge nur, wenn diejenigen konsequent zurückgeführt würden, die sich zu Unrecht in Deutschland aufhielten. „Wir müssen Herz und Härte zeigen“, sagte der Vize-Regierungschef.

Die Zahl der freiwilligen Ausreisen stieg an

Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand kritisierte die Aussagen des Ministers. „Wenn Herr Strobl schon von „Herz und Härte“ redet, dann muss er sich auch ein Herz fassen und ganz klar sagen: Natürlich wird in der Weihnachtszeit nicht abgeschoben und niemand darf in die eisige Kälte geschickt werden.“ Er finde es befremdlich, „wie triumphierend und empathielos Herr Strobl Abschiebezahlen als Erfolgszahlen verkauft“, sagte Hildenbrand. Die Grünen haben ihm zufolge in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt, dass die freiwillige Rückkehr absoluten Vorrang vor der zwangsweisen Rückführung haben soll. „Wir haben klar vereinbart, dass eine humanitäre Einzelfallprüfung stattfindet, die beispielsweise die Belange von Familien, Frauen und Kindern besonders berücksichtigt.“

Im vergangenen Landtagswahlkampf hatte das Thema Abschiebungenvor dem Hintergrund der aufgeheizten Stimmung wegen der Flüchtlingskrise eine große Rolle gespielt. CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf warf der damaligen grün-roten Landesregierung vor, viel zu wenig abgelehnte Asylbewerber in ihre Heimatländer zurückzuführen.

Nach Zahlen des Innenministeriums wurden im laufenden Jahr bis zum 25. Oktober insgesamt 3008 Menschen abgeschoben. Das sei mehr als im gesamten vergangenen Jahr mit 2449 zurückgeschickten Asylbewerbern. „Was die absoluten Zahlen angeht, sind wir bei den Abschiebungen jetzt auf dem Niveau von Bayern“, sagte Strobl. Auch die Zahl der freiwilligen Ausreisen stieg an: Im ersten Halbjahr 2016 waren es rund 5750 im Vergleich zu rund 2100 im Vergleichszeitraum 2015.

Viele Menschen werden in die Balkanstaaten zurückgeschickt

Sehr viele Menschen würden in die Balkanstaaten zurückgeschickt. „Das funktioniert relativ reibungslos und zeigt auch ganz klar, dass die Ausweisung der sicheren Herkunftsstaaten ein wirksames Mittel zur Begrenzung des Flüchtlingsstroms ist.“ Abschiebungen nach Afrika oder nach Afghanistan seien derzeit erheblich schwieriger.

Insgesamt ist die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge deutlich gesunken - von rund 14 000 im September 2015 auf rund 1400 im September dieses Jahres. Strobl sagte: „Wir hatten in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen in Baden-Württemberg schon 40 000 Menschen untergebracht. Im Augenblick sind es etwa 8000.“

Die Zahl der ausreisepflichtigen Ausländer ist aber mit rund 36 000 immer noch relativ hoch. Dass ein Ausländer ausreisepflichtig sei, heiße nicht, dass er auch tatsächlich abgeschoben werden könne, erklärte ein Sprecher des Innenministeriums. Er verwies auf Abschiebungshindernisse wie fehlende Papiere oder eine Krankheit.

Strobl sagte, es sei nicht hinnehmbar, dass die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge keine Papiere habe. „Dass man Papiere verliert, kann passieren, darf aber nicht die Regel sein.“ Zuwanderer müssten alles dafür tun, damit ihre wahre Identität ermittelt werden könne. Auch darüber solle bei der Innenministerkonferenz beraten werden.