In Brüssel hat die zwölfte TTIP-Verhandlungsrunde begonnen. Berlin sieht Fortschritte bei den Verhandlungen zu dem Freihandelsabkommen. Kritik gibt es am Schiedsverfahren.

Berlin - In den Verhandlungen zum transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP rücken die großen Streitpunkte in den Blickpunkt. Begleitet von Protesten der Organisation Greenpeace begann in Brüssel die zwölfte Verhandlungsrunde zu TTIP. Das Bundeswirtschaftsministerium erwartet, dass in den Gesprächen zentrale Fragen wie der umstrittene Investorenschutz und die öffentliche Auftragsvergabe besprochen werden. Eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erklärte, noch in diesem Jahr müssten substanzielle Ergebnisse erzielt werden. Ziel der Partner ist es, das Abkommen noch in der Amtszeit unter US-Präsident Barack Obama zu verhandeln.

 

Aus Sicht des Wirtschaftsministeriums sei die Reform der Streitbeilegung entscheidend dafür, ob TTIP in der Bevölkerung auf Akzeptanz stößt. Seit Mitte 2014 waren die Verhandlungen zum Investorenschutz unterbrochen. Grund dafür war, dass auf Seite der Europäer Bedenken gegen außergerichtliche Streitschlichtungsverfahren bestand. Inzwischen legte dazu Wirtschaftsminister Gabriel Reformvorschläge vor, die von der EU-Kommission in Brüssel übernommen worden sind.

Es soll eine Berufungsinstanz geben

Danach soll ein Investitionsgerichtshof gegründet werden, um den Streit von Investoren zu schlichten. Das Gericht soll mit öffentlich ernannten Richtern besetzt werden. Um den Einfluss der Streitparteien zu begrenzen, soll die Zuweisung der Fälle an die Richter nach dem Rotationsprinzip erfolgen. Außerdem ist eine Berufungsinstanz vorgesehen. Darüber hinaus enthält der EU-Vorschlag die Regelung, dass Gesetze und andere staatliche Maßnahmen, die dem Allgemeinwohl dienen, nicht mit dem Hinweis auf den Investitionsschutz in Frage gestellt werden dürfen.

In der zwölften Verhandlungsrunde wird sich zeigen, ob die USA die Vorschläge mitträgt. Dies ist eher zweifelhaft, denn die Vereinigten Staaten betrachten überstaatliche Organisationen mit Skepsis. Die Verbraucherorganisation Foodwatch lehnt außergerichtliche Schiedsverfahren im Freihandelsabkommen ab. Sowohl das europäisch-kanadische Handelsabkommen Ceta als auch der geplante TTIP-Vertrag sähen die Einführung einer Sonderjustiz vor, mit deren Hilfe Investoren Schadenersatzansprüche gegen Staaten geltend machen könnten, erklärte Foodwach. „Die geplanten Abkommen würden eine inakzeptable Paralleljustiz für Unternehmen einführen“, sagte Foodwatch-Volkswirtin Lena Blanken. Die Organisation stützt sich auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags. Darin hießt es, Schiedsverfahren könnten Unionsrecht und Befugnisse des Europäischen Gerichtshofs untergraben.

Die Bundesregierung sieht Fortschritte

Trotz der schwierigen Verhandlungen sieht die Bundesregierung Fortschritte in den Gesprächen über das TTIP-Abkommen. Der Handelspakt Ceta steht bereits kurz vor der Verabschiedung. Nach zwei Jahren lägen für 13 der 25 TTIP-Verhandlungskapitel konsolidierte Texte vor. Das bedeutet, dass die Partner ihre Positionen gegenüberstellten und Kompromisse suchen. Für eine Reihe von Feldern ist dieser Verhandlungsstand allerdings noch nicht erreicht. Die Bundesregierung bekräftigte dennoch das Ziel, dass keine Streitfragen ausgeklammert werden dürften. Ein abgeschwächtes Abkommen sei nicht vorgesehen, erklärte das Wirtschaftsministerium.

Für die Europäische Union ist es wichtig, dass sich die USA im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe bewegen. Die EU will erreichen, dass die US-Bundesstaaten in das TTIP-Abkommen aufgenommen werden. Brüssel fordert, dass europäische Unternehmen in Bieterverfahren genauso wie amerikanische Unternehmen behandelt werden. Während sich Deutschland bei der öffentlichen Auftragsvergabe bereits für US-Unternehmen geöffnet habe, bestünden in den USA noch viele Handelshemmnisse: Das bekannteste Hindernis für europäische Unternehmen dürfte die „Buy American“-Klausel sein. Die EU pocht hier auf Marktöffnung. Gleichzeitig betonte die Bundesregierung, dass Kommunen und Landkreise bei der öffentlichen Daseinsvorsorge auch künftig das Recht haben sollen, frei zu entscheiden.