Vor allem für Schauspieler, die aus Independent-Filmen bekannt sind, also Filmen, die nicht von den großen Hollywood-Produktionsfirmen finanziert werden, ist das Format interessant. Warum sich etwa William H. Macy dafür entschieden hat, eine Rolle in der Fernsehserie „Shameless“ anzunehmen, erklärte er in einem Interview so: „Mein Broterwerb waren immer Independent-Filme. Aber kaum einer finanziert noch Indies. Deshalb brauchte ich einen Job, und es schien genau der richtige Zeitpunkt zu sein, in eine Serie einzusteigen.“

 

Es ist vor allem die hohe Qualität der Serien, welche die Schauspieler lockt: Die US-amerikanischen Sender investieren immense Summen in die Herstellung und können auch die besten Autoren engagieren. Die Schreiber reizt vor allem die Freiheit des horizontalen, fortlaufenden Erzählens: Im Gegensatz zu einem neunzigminütigen Film können sie hier komplexere Welten und Handlungsstränge entwickeln. Sie haben die Möglichkeit, die Figuren plastischer und tiefgründiger zu gestalten. Das kommt auch den Darstellern entgegen. Sie können tiefer in eine Rolle einsteigen, die Charaktere dürfen sich über einen längeren Zeitraum entwickeln. „Das ist für uns Schauspieler sehr aufregend, weil die dramatischen Rollen jetzt dort zu haben sind“, sagte die deutschstämmige Diane Kruger, die in der Krimiserie „The Bridge“ eine autistische Polizistin spielt, der „Zeit“.

Genau das scheint es auch zu sein, was die Zuschauer an den Serien so fasziniert und fesselt, glaubt auch Spacey: „Eine erfolgreiche Serie kann eine Leidenschaft und eine Nähe zum Zuschauer entwickeln, von der jeder Blockbuster-Film aus Hollywood nur träumen kann.“ Der Rezipient baut eine emotionale Bindung zu den Protagonisten auf. Man leidet mit den Figuren, man freut sich mit ihnen, man fiebert mit ihnen mit.

Zu Zeiten der Individualisierung, die uns Nutzer das Internet gelehrt hat, spielt aber auch das selbstbestimmte Konsumieren eine Rolle. „Das Publikum möchte die Kontrolle. Es möchte Freiheit“, sagt Spacey und spielt damit auf die Hochkonjunktur der Video-on-Demand-Anbieter an. Das US-amerikanische Unternehmen Netflix etwa stellt immer eine komplette Staffel seiner selbst produzierten Serie „House of Cards“ online und ermöglicht es den Zuschauern so, selbst zu entscheiden, wann und wie geballt sie die Folgen ansehen wollen. Ein wichtiger Faktor beim Serienschauen – schließlich hat wohl nicht zuletzt das tiefe, mehrstündige Eintauchen in eine andere Welt die US-Fernsehserien vom Nischenformat zum Erfolgsmodell werden lassen – auch für die Schauspieler.