Das Verhältnis der Deutschen zur Religion wird derzeit intensiv untersucht. Die Ergebnisse verblüffen teilweise – und sind nicht immer eindeutig. Die Umfrageinstitute rechtfertigen jeweils ihr eigenes Vorgehen.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Es scheint, als passe da etwas nicht zusammen. Mehr als die Hälfte der Deutschen empfinden den Islam als bedrohlich, hieß es Anfang des Monats in einer von der Bertelsmann-Stiftung in Auftrag gegebenen Untersuchung. Am Mittwoch nun präsentierte der „Stern“ eine Umfrage, wonach der Islam gerade einmal 18 Prozent der Bundesbürger Unbehagen bereitet – und 79 Prozent nicht.

 

Yasemin El-Menouar, die bei der Bertelsmann-Stiftung für den Religionsmonitor zuständig ist, in dessen Rahmen die Daten erhoben wurden, sieht darin keinen zwingenden Widerspruch und verweist auf die Fragestellung. Die lautete: „Wenn sie an die Religionen denken, die es auf der Welt gibt, als wie bereichernd oder bedrohlich nehmen Sie eine Religion wahr“. Während die „Stern“-Umfrage auf ein persönliches Gefühl der Befragten ziele, beinhalte die Bertelsmann-Frage auch Bedrohung für Demokratie oder den Staat, sagt El-Menouar. „Es geht bei uns nicht um ein konkretes Angstempfinden“.

„Bedrohlich“ und „eher bedrohlich“ zusammengefasst

Bei der vom Meinungsforschungsinstitut Emnid im November 2014 gestellten Frage hatten die Interviewten mehrere Antwortmöglichkeiten. Von den 937 in das Ergebnis eingeflossenen Antworten sahen 18 Prozent den Islam als „sehr bedrohlich“ an, 39 Prozent als „eher bedrohlich“, was zusammen die Mehrheit von 57 Prozent ergibt. Der „Stern“ hatte seine Umfrage beim Forsa-Institut in Auftrag gegeben; das hatte am 8. und 9. Januar 1001 Menschen befragt, unmittelbar nach dem Anschlag auf das französische Satire-Magazin Charlie Hebdo am 7. Januar. Auf die Frage, ob der Islam für die Wurzel des islamischen Terrors gehalten wird (16 Prozent sagen ja, 82 Prozent nein) folgte die Frage nach dem Unbehagen.

Der Chef verteidigt die Zahlen

Forsa-Chef Manfred Güllner verteidigt das Ergebnis seines Instituts vehement: „Ich glaube meinen Zahlen.“ Die seien stimmig, sagt Güllner und verweist darauf, dass sein Unternehmen seit vielen Jahren in diesem Bereich forscht. Den „fremdenfeindlichen Bodensatz“ macht Güllner bei zehn bis 15 Prozent aus. „Horrormeldungen zu verbreiten, die etwas anderes suggerieren, ist Quatsch. Damit tut man niemandem einen Gefallen.“

Torsten Schneider-Haase von Emnid will an dem von seinem Institut herausgefundenen Meinungsbild freilich auch nicht rütteln lassen. Er verweist darauf, dass die gleiche Frage wie im November 2014 bereits vor mehreren Jahren praktisch wortgleich gestellt worden ist – damals noch von einem weiteren Mitbewerber auf dem hart umkämpften Markt der Meinungsforscher. Das Ergebnis sei jedoch vergleichbar gewesen.