Die Neuregelung ihrer Altersversorgung hat den Landtagspolitikern viel Ärger eingebracht – von einem Vertrauensverlust war die Rede. Jetzt soll der Beschluss des Landtags auf Eis gelegt werden. Die Fraktionen wollen erst eine Expertenkommission hören.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Es war ein Déjà-vu der besonderen Art. Erst vor einer Woche hatten die Fraktionsvorsitzenden von Grünen, CDU, SPD und FDP an einem Dienstagnachmittag in der Lobby des Abgeordnetenhauses ihre Pläne verkündet, die Ausstattung und Altersversorgung der Parlamentarier zu verbessern. In den Tagen darauf waren die beiden Gesetzentwürfe erst durch den Landtag gepeitscht worden, dann hatte sich eine Welle des Protestes dagegen erhoben. Am gleichen Wochentag, zur gleichen Zeit und am gleichen Ort standen die Fraktionschefs nun wieder vor der Presse – und ruderten zurück: Das Gesetz für die Rückkehr zur Staatspension solle zunächst nicht in Kraft treten, eine Expertenkommission solle sich die Versorgungsfragen in aller Ruhe und ganz grundsätzlich anschauen.

 

„Wir haben verstanden“ – das sollte die Botschaft von Grünen, CDU und SPD sein, die die Novelle erst am Freitag gegen die Stimmen der FDP und der AfD beschlossen hatten. Gegen Ende fiel der Satz tatsächlich, aus dem Mund des Grünen-Fraktionschefs Andreas Schwarz. Zuvor hatte sein SPD-Kollege Andreas Stoch eher beiläufig von einem „Fehler“ gesprochen, dies aber gleich wieder relativiert, es sei ja niemand fehlerfrei.

Nur der FDP-Fraktionschef Rülke wirkte entspannt

Von Demut oder Zerknirschung war bei beiden nichts zu spüren, noch weniger beim CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart. Das Trio präsentierte sich eher in einer Mischung aus Trotz und Beleidigt-Sein. Viel war die Rede von der „Wertigkeit“ von Abgeordneten, die man den Bürgern eben besser erklären müsse. Entspannt wirkte nur der FDP-Vormann Hans-Ulrich Rülke: Als Einziger in der Runde hatte er politischen Instinkt gezeigt und darauf gepocht, dass die Abmachung der Landtagsreform von 2008 – höhere Diäten gegen private Altersvorsorge – Bestand haben müsse.

Auch in den Fraktionssitzungen zuvor war von Einsicht, wie man hört, wenig zu spüren. Teils noch vor den Türen lieferten sich die Abgeordneten mit ihren Vorleuten erregte Wortgefechte; man dürfe der Wutwelle nicht nachgeben, sondern müsse die Verbesserungen selbstbewusst verteidigen, hieß es da. Intern soll es dann ebenfalls lebhaft zur Sache gegangen sein.

Plötzlich war von Ruhe und Besonnenheit die Rede

Schon früh war klar, dass man zumindest einen Teil der Novelle aussetzen würde; das Gesetz solle erst gar nicht wirksam werden. Die Grünen wollten dem Vernehmen nach alle drei Beschlüsse – auch den höheren Rahmen für Auslagen und Mitarbeiter – zur Disposition stellen, doch da machten CDU und SPD nicht mit. Also hieß es, man beschränke sich auf das Pensionsthema – das ja auch im Zentrum der Proteste stehe.

Vorige Woche konnte es dem Trio noch gar nicht schnell genug gehen. Nun sprach es plötzlich von Ruhe und Besonnenheit, mit der eine Expertenkommission die Altersversorgung untersuchen solle. Die Formulierung des Auftrags, die Auswahl des Personals, eine öffentliche Anhörung – all das brauche Zeit. In diesem Jahr sei da sicher nicht mit Ergebnissen zu rechnen. Kein Wunder: Von der Bundestagswahl im Herbst wollen Grüne, CDU und SPD das Thema tunlichst fernhalten. Inwieweit das gelingt, wird man sehen.

Der drohende Volksantrag, hieß es, habe sich damit erst einmal erledigt: dessen Ziel wäre es ja gewesen, eine gründliche Debatte zu erzwingen – und die führe man ja nun.