Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

So war das schon, als der junge Assistent Putzke zusammen mit seinem Professor ins Fernsehen gegangen ist, zur Quizshow mit Jörg Pilawa. Was haben sie da die Nase gerümpft an der Bochumer Ruhr-Universität. So etwas macht man doch nicht. Natürlich habe er sich davor überlegt, dass auch eine gewaltige Blamage möglich sei, sagt Putzke. Dann habe das Ist-doch-egal-Gefühl triumphiert. Letztlich haben sich die beiden nicht blamiert, sondern 50 000 Euro gewonnen. Erst bei der Frage, welches Symbol nicht im Wappen von Papst Benedikt XVI. enthalten sei, war Schluss. Von Palmzweig, Mohr, Muschel und Bär wäre die erste Antwort richtig gewesen.

 

Dass seine Ansichten in Sachen Beschneidung richtig sind, davon ist Holm Putzke auch nach mehreren Diskussionsrunden und vor seiner Teilnahme bei „Anne Will“ heute Abend überzeugt. Obwohl – das ist die Ironie am Rande – seine Ansicht inzwischen zur herrschenden Lehre geworden ist. Das sieht nicht nur der wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem Gutachten so. Zahlreiche Juristenkollegen folgen inzwischen in ebenso zahlreichen Kommentierungen den Argumenten des Passauer Strafrechtsprofessors. Ob irgendwann auch einmal der Bundesgerichtshof oder gar das Verfassungsgericht diese Ansicht vertreten werden, kann heute niemand sagen. Der Ruf, man wolle einen Präzedenzfall schaffen, ist bei den Religionsgemeinschaften zwar schon zu vernehmen, ganz so einfach wie gesagt ist das aber nicht getan.

Die Grenzen der Religionsausübung

Von der „New York Times“ bis hin zum „Sydney Morning Herald“ haben sie über das deutsche Urteil berichtet und den Mann zitiert, der seine Meinung mal recht trocken zum Besten geben kann: „Die Abwägung der Vor- und Nachteile für religiös motivierte Beschneidung ergibt, dass der Nutzen die Nachteile nicht überwiegt“ – oder wahlweise spritzig formuliert: „Die Religionsausübung endet da, wo die Nase des anderen beginnt.“ In seinem blauen Kurzarmhemd, lässig, ohne Krawatte und mit einem fast schon spitzbübischen Grinsen sitzt Holm Putzke da, nippt an seinem Apfelschorle und denkt an die Zukunft, wenn der Beschneidungs-Hype Geschichte ist. Es würde ihn „schon einmal reizen“, sich mit dem Exorzismus der katholischen Kirche strafrechtlich zu beschäftigen, sagt er. Dann schaut er ernst: „Vielleicht schreibe ich das doch nicht, sonst heißt es wirklich, ich habe etwas gegen Religion.“