Aus allen Teilen der Welt werden Schädlinge eingeschleppt, die verschiedene Baumarten in Europa befallen. Diese exotischen Baumschädlinge lassen sich nur sehr schwer bekämpfen.

Stuttgart - Der Gegner sieht nicht besonders furchterregend aus: Ein bis zu 3,5 Zentimeter langer, schwarz glänzender Käfer mit langen Fühlern und weißen Haarbüscheln auf den Flügeln. Doch wo er auftaucht, kann er Laubbäumen der verschiedensten Arten den Garaus machen. Auf den Fahndungslisten von Europas Pflanzenschutz-Experten steht der Asiatische Laubholzbockkäfer derzeit ganz oben. Denn er gehört zu den Schädlingen, die mit internationalen Warentransporten in alle Welt reisen und so neue Gebiete besiedeln können. Wenn ihnen das gelingt, kann das nicht nur teuer werden. Da sie in ihrer neuen Heimat oft keine natürlichen Feinde haben, können die erfolgreichen Globetrotter mitunter ganze Ökosysteme umkrempeln.

 

Wie kann man solche Arten an der Einreise nach Deutschland und Europa hindern? Und wie bremst man ihren Vormarsch, wenn sie doch irgendwo durchgeschlüpft sind? Mit solchen Fragen beschäftigen sich Wissenschaftler vom Julius-Kühn-Institut (JKI) in Braunschweig. Dabei haben sie neben dem Asiatischen Laubholzbockkäfer auch noch etliche andere Forstschädlinge im Visier. Die Palette reicht von Insekten über Fadenwürmer bis hin zu Pilzen. „In den letzten Jahren wurden viele neue Schadorganismen an Bäumen in der EU festgestellt“, sagt JKI-Mitarbeiter Thomas Schröder. Einige Arten gelten als so gefährlich, dass die EU drastische Bekämpfungsmaßnahmen vorgeschrieben hat. „Ein einziger dieser Organismen kann nur hier in Deutschland Schäden in Milliardenhöhe anrichten, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden“, warnt Thomas Schröder.

Der Asiatische Laubholzbockkäfer hat seine Zerstörungskräfte bereits unter Beweis gestellt. Die Weibchen dieser Insekten legen ihre Eier meist im Kronenbereich in die Rinde von Laubbäumen. Ein besonderes Faible scheinen sie für Ahorn, Rosskastanie, Weide und Pappel zu haben, sie befallen aber auch viele andere Arten. Nach zwei Wochen schlüpfen die Larven, die zuerst zwischen Rinde und Holz leben und später bis zu drei Zentimeter breite Gänge ins Holz fressen. Nach ein paar Jahren Befall kann das den Baum absterben lassen.

Gefräßige Larven knabbern sich durch die Bäume

Ursprünglich hatten sich die gefräßigen Larven nur durch Bäume in China, Korea und Taiwan geknabbert. Doch in billigem Verpackungsholz, wie es etwa für Lieferungen von Granitsteinen verwendet wird, findet der Käfer immer neue Reisegelegenheiten – und ist spätestens 2004 auch in Deutschland angekommen. Zum ersten Mal wurde er bei Passau nachgewiesen, nur ein Jahr später fanden sich Artgenossen in 30 Ahornbäumen in Bornheim bei Bonn. Und der Siegeszug geht weiter: Erst im August diesen Jahres ist das Insekt in Magdeburg aufgetaucht. Kurz darauf wurde es in Neubiberg südlich von München nachgewiesen, dann in der Nähe von Augsburg.

Damit sich die Art möglichst nicht noch weiter ausbreitet, gelten strenge Vorschriften für den Import von Wirtspflanzen oder daraus hergestellten Produkten. Zudem sind Ausrottungsmaßnahmen vorgeschrieben, wenn die Art in einem neuen Gebiet auftritt. Ob diese auch Erfolg hatten, muss anschließend über Jahre hinweg kontrolliert werden.

In Bonn zum Beispiel hat der Pflanzenschutzdienst Nordrhein-Westfalen nach dem Auftauchen der Käfer ein Quarantänegebiet eingerichtet, in dem alle potenziellen Wirtsbäume unter Beobachtung stehen. „Jetzt kontrollieren zehn speziell ausgebildete Personen über das ganze Jahr diese derzeit 3000 Hektar große Zone“, berichtet Reiner Schrage vom Pflanzenschutzdienst. Sogar speziell auf den Käferduft abgerichtete Spürhunde kommen mitunter zum Einsatz. Im Jahr 2012 haben die Kontrolleure einen Befallsherd auf einem Schulhof im Bonner Stadtteil Tannenbusch entdeckt. Im Abstand von rund 200 Metern ringsum wurden daraufhin alle potenziellen Käfer-Kinderstuben gefällt – die größte Vernichtungsaktion von Stadt-Bäumen, die es in Nordrhein-Westfalen gegeben hat.

Verschiedene Szenarien für Bonn

Sonderlich populär sind solche Maßnahmen nicht. Und teuer noch dazu. Lohnt sich das Ganze also überhaupt? Um das herauszufinden, haben Wissenschaftler des JKI gemeinsam mit Kollegen der Berliner Humboldt-Universität verschiedene Szenarien für das Stadtgebiet von Bonn durchgerechnet. Am günstigsten ist es demnach, den Vormarsch des Käfers durch intensive Gegenmaßnahmen auf 300 Meter pro Jahr zu begrenzen. Das kostet den Berechnungen zufolge 94 Millionen Euro – und damit 13 Millionen weniger als eine ungehinderte Ausbreitung der Tiere. Wenn die Schädlinge allerdings trotz der Quarantäne noch 1000 Meter pro Jahr vorankommen, lohnt sich die Bekämpfung nicht mehr. Denn in diesem Szenario addieren sich die jährlichen Bekämpfungskosten und Schäden auf stolze 145 Millionen Euro. Aus ökonomischer Sicht scheint alles für eine frühe und konsequente Bekämpfung zu sprechen.

Das gilt vermutlich nicht nur für den Asiatischen Laubholzbockkäfer, sondern auch für einen seiner nahen Verwandten. Auch der ebenfalls aus Asien stammende Citrus-Bockkäfer hat sich unbeliebt gemacht, weil er gesunde Bäume abtöten kann. Diese Art nutzt vor allem lebende Pflanzen als Reisegelegenheit. So wurden seit 2008 in Deutschland und den Niederlanden immer wieder befallene Lieferungen von Fächerahornen aus China entdeckt. Zwischen 2010 und 2012 gab es daraufhin ein Importverbot für chinesische Ahornpflanzen, zudem mussten die Anbaubedingungen für Gewächse, die in die EU exportiert werden sollen, deutlich verbessert werden.

Seither trat der Käfer in Deutschland und anderen europäischen Ländern zwar immer wieder vereinzelt auf, konnte aber bisher jedes Mal wieder ausgerottet werden. Nur in Italien hat er sich mittlerweile in einem rund 40 000 Hektar großen Gebiet rings um Mailand festgesetzt und wird dort wohl auch nicht wieder verschwinden. Noch erfolgreicher ist die Eroberung Europas für die Japanische Esskastaniengallwespe gelaufen. Anders als sein Name vermuten lässt, stammt auch dieses nur drei Millimeter große Insekt ursprünglich aus China. Es legt seine Eier in die Knospen von Kastanienbäumen, an denen es dann zu Wucherungen kommt. Diese sogenannten Gallen töten den Baum zwar nicht. Sie bremsen aber das Wachstum der Zweige, führen zu deformierten Blättern und verringern den Fruchtertrag.

Als Taxi dienen Laubreste auf Zügen und Lastwagen

Auch deutsche Esskastanien sind nicht verschont geblieben. Zum ersten Mal ist das Insekt im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg aufgetaucht. Dort sind mittlerweile nicht nur einzelne Bäume in verschiedenen Städten betroffen, es gibt auch schon etablierte Bestände im Stadtwald von Mannheim, Heidelberg und Tübingen. Auch Hessen und Nordrhein-Westfalen meldeten 2013 erste Wespen, weitere befallene Bäume kamen in diesem Jahr in Rheinland-Pfalz dazu. Als Vehikel für seine rasante Ausbreitung nutzt das Insekt wahrscheinlich Laubreste auf Zügen oder Lastwagen. Und sein Vormarsch wird sich nach Einschätzung von Experten wohl nicht mehr stoppen lassen.