So was hat Seltenheitswert: Utz Remlinger, Vizelandrat in Ludwigsburg will für die CDU in den Landtag gewählt werden. Sein Chef legt ihm keine Steine in den Weg.

Dieser Karrieresprung wäre finanziell gesehen eher ein Rückschritt. Der stellvertretende Landrat von Ludwigsburg, Utz Remlinger, will für die CDU Landtagsabgeordneter werden. Remlinger will statt des nicht mehr kandidierenden Manfred Hollenbach im Wahlkreis Bietigheim-Bissingen gewählt werden. Dank seines Nebenjobs als Chef der Kreis-Abfallverwertungsgesellschaft verdient Remlinger in Besoldungsstufe B 3 rund 8400 Euro. Ein Landtagsabgeordneter bekommt rund 1000 Euro weniger.

 

„Ich würde damit sicher nicht mehr verdienen als bisher“, sagt Utz Remlinger, „aber das ist gar nicht mein Antrieb.“ Die Kandidatur sei für ihn „Kopf- und Herzensentscheidung gleichermaßen“. Die Landespolitik sei für ihn „schon immer Inhalt meiner beruflichen Tätigkeit gewesen“, sagt Remlinger. Sollte er im kommenden Jahr gewählt werden, dann werde er sein Amt als stellvertretender Landrat abgeben, hat er vorsorglich erklärt. Er wolle seine Vernetzung und Kontakte „ganz in den Dienst des Wahlkreises stellen“.

Insider vermuten noch andere Faktoren hinter Remlingers Entschluss. Das Verhältnis zwischen dem Vizelandrat und seinem Chef gilt als nicht ganz störungsfrei. Rainer Haas soll, so ist zu hören, seinem Vize mitunter mangelnde Durchsetzungsfähigkeit vorwerfen. Remlinger sei ein guter Netzwerker, der Menschen zuhöre und auf sie zugehe. Es sei aber nicht sein Ding, unangenehme Entscheidungen umzusetzen.

Schwieriges Verhältnis zum Chef

Keiner von beiden äußert sich offiziell kritisch zum Arbeitsklima. „Ich habe siebeneinhalb Jahre gut mit ihm zusammengearbeitet“, sagt Haas. Es sei „normal, dass ein Chef und sein Stellvertreter auch mal unterschiedliche Akzente setzen“, sagt Remlinger. Im Zweifel gelte der Grundsatz: „Ober sticht Unter“. Darüber hinaus sei es „normal, dass man sich, wenn man die Grenzen der Entwicklungsmöglichkeiten erreicht sieht, neu orientiert“.

Position ist nur bis 2017 gesichert

Spätestens 2017 hätte sich ohnehin die Frage gestellt, ob Remlinger Vizelandrat in Ludwigsburg bleibt. Er ist zwar bereits B-3-Beamter auf Lebenszeit, könnte aber derzeit noch in eine andere Behörde versetzt werden. Nach zehn Jahren sieht das Landesgesetz die Möglichkeit vor, den Vize zum Ersten Landesbeamten auf Lebenszeit zu ernennen – und dann wäre Remlingers Position in Ludwigsburg gesichert. Für diese Ernennung ist indes das Einvernehmen aller Beteiligten nötig.

Die Gefahr, dass Utz Remlinger öffentlichkeitswirksame Termine zu Wahlkampfzwecken nutzen könnte, sieht Haas nicht. „Er wird seine Pflichten wie gewohnt erfüllen“, sagt der Landrat. Er wolle Remlinger keine Steine in den Weg legen. „Nachdem die Kandidatur sein Wunsch ist, werde ich ihn unterstützen.“ Ein Vergleich mit Guido Wolf (CDU), der sein Amt als Landtagspräsident niederlegte, weil er Ministerpräsident werden will, sei unpassend. Es gehe bei Remlingers Amt „nicht um die Legislative, sondern um die Administration“, sagt Haas. Remlinger selbst betont: „Ich habe keinen Grund, mich zu verstecken.“ Alibi-Termine werde er natürlich auch nicht wahrnehmen, „das habe ich nicht nötig“.

Zwei Mitbewerber ums CDU-Ticket

Bislang gibt es zwei deutlich weniger prominente Mitbewerber: die Diplom-Journalistin und Regionalrätin Isabel Kling aus Möglingen (38) bewirbt sich ebenso um das Landtagsmandat wie der Sachsenheimer Tierarzt Steffen Kappelmann (42), der in seiner Heimatstadt auch Stadtrat ist. Nominiert wird der Kandidat für den Wahlkreis Bietigheim-Bissingen am 19. Juni im Rahmen einer Mitgliederversammlung.

Kommentar: politische Chance

Jobwechsel - Was hat ein Jurist und Ministerialbeamter im politischen Geschäft des Landtags zu suchen? Auf den ersten Blick wenig. Auf den zweiten Blick passt diese Paarung gar nicht so schlecht – zumindest im Falle des Ludwigsburger Vizelandrats Utz Remlinger. Der CDU-Mann mag intern im Landratsamt einiger Kritik ausgesetzt gewesen sein, etwa wenn es darum ging, sein Hauptamt vom dem Ehrenamt als Kreisvorsitzender des Roten Kreuzes sauber zu trennen.

Doch auf dem politischen Parkett hat er bislang durchaus Geschick bewiesen: jüngstes Beispiel ist die Einigung des Roten Kreuzes mit dem Arbeiter-Samariter-Bund beim gemeinsamen Betrieb eines Intensivtransportwagens. Ohne Remlingers Bemühungen wäre diese womöglich nicht so schnell zu Stande gekommen.

Auch sonst mag manche Kritik des Landrats berechtigt sein. Jedoch: just jene Eigenschaften, die Haas kritisiert, könnten einem Landtagsabgeordneten zum Vorteil gereichen. Ein Vizelandrat muss kein Netzwerker sein, muss nicht auf Tuchfühlung mit den Menschen gehen. Ein Volksvertreter im Landtag aber durchaus. So hätte Remlinger im Parlament die Chance, seine Qualitäten unter Beweis zu stellen. Und davon könnten dann nicht nur CDU-Wähler, sondern der ganze Wahlkreis profitieren.